Der AfD Kreisverband Altötting hat Klage gegen Facebook und das NetzDG eingereicht

ALTÖTTING / HAMBURG – Der Kreisverband Altötting der AfD hat am 26.1.2018 Klage gegen Facebook Deutschland eingereicht. Nicht die SPD, nicht die CDU, nicht die Grünen oder die FDP oder die Kommunisten haben diese Klage als Parteien eingereicht, nein es war die AfD und innerhalb der AfD der Kreisverband Altötting. Kreisverbände politischer Parteien sind nämlich – wenn es die Satzung vorsieht –  rechtsfähig und können daher selbst klagen. All das trifft beim Kreisverband Altötting zu, wenn sie selbst betroffen sind. Das war kürzlich der Fall. Grund der Klage ist

  • erstens eine Löschung eines vom Kreisverband Altötting geposteten „Smileys“ und
  • zweitens eine Löschung eines vom Kreisverband Altötting geposteten Beitrags und eine damit verhängte Sperre von einem Tag.

An die feigen Denuntianten richten wir die Botschaft: Wir weisen darauf hin, daß wir in dieser Klage extra beantragt haben, den Beweis zu sichern, wer der anonyme Denuntiant war, der uns wegen eines Smileys und des beanstandeten Beitrags meldete. Wir meinen dazu, daß auch das Denunzieren kein „rechtsfreier Raum“ ist und wir weisen darauf hin, daß es durchaus möglich ist, auch einen Denuntianten für die Folgen deines Handelns haftbar zu machen. Daher wurde auch beantragt:

„7. Den Beweis zu sichern, wer jeden der beiden gelöschten Beiträge bei der Beklagten gemeldet hatte, ansonsten ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;“

Der Kreisverband Altötting vertritt

  • erstens die Auffassung, daß keiner dieser beiden Beiträge den mit Facebook bestehenden Austauschvertrag verletzt. Der Kreisverband Altötting vertritt
  • zweitens die Auffassung, daß die von Facebook der Löschung und/oder Sperre zugrunde gelegten Vorschriften, wie z.B. das NetzDG rechtswidrig sind und daher bei der streitgegenständlichen Löschung schon gar nicht zur Anwendung gebracht hätten werden dürfen.

Selbst wenn das NetzDG – was nach Auffassung der Klägerin evident auszuschließen ist – dennoch rechtmäßig wäre, dann ist es nicht ordnungsgemäß angewandt worden.

Wir veröffentlichen diese Klageschrift, um öffentlich Zeugnis darüber abzulegen, daß der AfD-Kreisverband Altötting sich aktiv dafür einsetzt, dieses durch einen SPD-Minister  unter Kontrolle einer von Angela Merkel (CDU) geleiteten Regierung in Kraft gesetzte Machwerk schnellstmöglich und zum Wohle aller Bürger dieses Landes in den juristischen Giftschrank zu verbannen.

Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, daß die durch uns eingereichte Argumentationslinie für Privatpersonen in weiten Teilen unbrauchbar ist und deswegen auch nicht kopiert oder nachgeahmt werden sollte.

Der AfD-Kreisverband Altötting ist eine politische Partei und nimmt als politische Partei Rechte und Pflichten wahr, die ihm in Art. 21GG i.V. mit dem ParteienG auferlegt sind. Damit liegen diese Pflichten und die zu beachtenden Vorschriften im Rechtsgebiet des öffentlichen Rechts und nicht im Zivilrecht. Da diese beiden dem Rechtsstreit zugrunde liegen, ist nach unserer Überzeugung ein Verwaltungsgericht und nicht ein Zivilgericht zuständig. Wir weisen auch extra darauf hin, daß es zu dieser Frage bisher kein uns bekanntes Urteil gibt und daß wir selbst in der Frage, welcher Rechtsweg vorliegend letztendlich zuständig ist, mit dieser Klage juristisches Neuland betreten.

Es war dem AfD-Kreisverband Altötting wichtig, diese Klage fristgerecht einzureichen so lange die eintägige Sperre aufrecht war. Mögliche Unschärfen in der Argumentation sind daher dem damit verbundenen Zeitdruck geschuldet und werden im Laufe des Verfahrens nachgebessert.

Eigenes Werk

Die Klage wurde – ausweislich des Schreibens rechts – nach deren Eingang bei Gericht der Beklagten, also Facebook, inzwischen zugestellt. Dies ist schon einmal als erster Erfolg zu werten, denn bis vor kurzer Zeit weigerte sich Facebook Klagen in Deutschland überhaupt entgegenzunehmen und erwartete, daß der Kläger in englisch verfaßte Klagen in Irland zustelle. Derartige Argumente von Facebook hat das VG Hamburg mit seiner Zustellung an Facebook-Deutschland schon einmal einen Riegel vorgeschoben.

Darüber hinaus hätte das VG-Hamburg die Klage auch von sich aus an ein Zivilgericht verweisen können. Das hat das VG-HH aber gerade nicht getan. Dies werten wir als zweiten Erfolg und Indiz, daß das VG-HH bisher unserer Argumentation folgt, daß sowohl die verletzten Rechte, als auch die streitgegenständlichen Normen solche des Öffentlichen Rechts sind und damit in die Zuständigkeit des Verwaltungsrechtszugs fallen.

Wir gehen davon aus, daß Facebook alles aufbieten wird, was möglich ist, um das Verfahren nicht vor dem Verwaltungsgericht führen zu müssen, denn im Verawaltungsrechtszug kommt den Richtern auch ein Untersuchungsauftrag zu. Ein Verwaltungsrichter dürfte daher für Facebook unangenehmer sein, als ein Zivilrichter, der erwartet, daß ihm die komplette Argumentation durch die beauftragten Rechtsanwälte vorgelegt wird:

 

 

An das

Verwaltungsgericht Hamburg

Lübeckertordamm 4

20099 Hamburg

Altötting, den 26.1.2018

 

KLAGE

durch den

Kreisverband Altötting der AfD,

vertreten durch den Vorstand,

vertreten durch den Sprecher des Vorstands

als Kläger –

 

 

gegen

Facebook Deutschland

Speckstraße 81,

20355 Hamburg

 

zustellbevollmächtigt

Freshfields Bruckhaus Deringer LLP (Berlin),

Potsdamer Platz 1,

10785 Berlin.

als Beklagter –

 

wegen rechtswidriger Sperre und Löschung von Beiträgen eines Accounts einer politischen Partei

 

wird in der mündlichen Verhandlung voraussichtlich beantragt werden:

  1. es zu unterlassen, das NetzDG zukünftig ein weiteres Mal auf den Account der Klägerin als Politischer Partei anzuwenden; ersatzweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  2. die Aufhebung der Sperre der Facebook-Seite des Kreisverbands Altötting; hilfsweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
    • hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung der Facebook-Seite des Kreisverbands Altötting der AfD über einen Tag;
  3. es zu unterlassen, den Kläger wegen dieses identischen Beitrags mindestens ein weiteres Mal zu sperren; hilfsweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  4. die Wiederfreischaltung jedes der beiden gelöschten Beiträge; hilfsweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
    • hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entfernung jeden dieser beiden Beiträge des Kreisverbands Altötting;
  5. es zu unterlassen, jeden dieser beiden identischen Beiträge mindestens ein weiteres Mal zu entfernen; ersatzweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  6. die Löschung der Aufzeichnungen bei Facebook, daß der bei Facebook entfernte Beitrag bereits einmal entfernt war und/oder die Zurücksetzung des Facebook-internen Track-Records der Klägerin; hilfsweise ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  7. Den Beweis zu sichern, wer jeden der beiden gelöschten Beiträge bei der Beklagten gemeldet hatte, ansonsten ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  8. Verurteilung von Facebook, Auskunft zu erteilen,
  9. a) ob die Sperre durch eigene Mitarbeiter oder ein beauftragtes Unternehmen erfolgte, und
  10. b) in letzterem Fall, durch welches; ansonsten ein angemessenes Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;
  1. Verurteilung zur Auskunfterteilung, ob Facebook Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche;
  2. Verurteilung einen Schadensersatz zu zahlen in angemessener Höhe für jeden Tag der rechtswidrigen Sperrung.
  3. Ersatz der Kosten der Klägerin.

Jede weitere unberechtigte Sperrung wird im Rahmen von Klageerweiterungen in das Verfahren mit aufgenommen und das Prozessrisiko der Beklagten entsprechend erhöhen.

 

A

 

I.                   Rechtswegeröffnung (§§40 Abs. 1 VwGO; 17aGVG)

Die Klage hätte Aussicht auf Erfolg, wenn der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist und die Klage im Übrigen zulässig und begründet wäre.

A.                Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S1VwGO)

Der Verwaltungsrechtweg ist gem. § 40 I VwGO eröffnet, wenn eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegt und keine anderweitige Rechtswegzuweisung gegeben ist.

  • Eine anderweitige Rechtswegzuweisung ist vorliegend nicht gegeben weil keine andrängende Sonderzuweisung einschlägig ist
  • Eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art läge nur dann vor wenn zwei Verfassungsorgane sich um ihre Rechts aus der Verfassung streiten, was vorliegend nicht der Fall ist, da die Beklagte kein Verfassungsorgan ist.

 

  1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Für den Fall, daß die Beklagte bei der Frage nach dem Rechtsweg den zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Austauschvertrag anführt, greift dies zu kurz. Der Austauschvertrag regelt lediglich, daß die Beklagte ihre darin definierten Hauptpflichten und Nebenpflichten erfüllt und die Klägerin hierfür mit seinen Daten bezahlt.

Weder die Frage, ob ein Austauschvertag zustande kam ist vorliegend streitgegenständlich, noch vorrangig die Frage ob ein Sachverhalt unter eine AGB-Klausel zu subsumieren ist.

Vorliegend ist die Klägerin eine Gliederung einer politischen Partei. Als solche nimmt die Klägerin ihre gesetzlich definierten öffentlich-rechtlichen Aufgaben wahr. Als solche kommen dem Kläger aber auch Rechte und Pflichten aus z.B. § 1-4 des Parteiengesetzes zu. Diesen folgend ist die Klägerin nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, gesellschaftliche Ereignisse politisch einzuordnen und meinungsbildend auf das Volk zu wirken. Dies macht er auch mit Hilfe von Beiträgen in dem von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerk.

Auf der anderen Seite beruft sich die Beklagte ausweislich ihrer Webseite darauf, aufgrund ihrer AGB und aufgrund des NetzDG Löschungen und Sperrungen von Beiträgen vorzunehmen.

Da eine AGB evident nicht geeignet ist, den Erlaubnistatbestand der Klägerin aus den §§ 1-4 ParteienG zu verdrängen, und da die Tatbestände der AGB sowieso mit denen des NetzDG identisch sind, wird die streitentscheidende Frage darin zu suchen sein, die Reichweiten des NetzDG und des ParteienG zueinander abzugrenzen.

Streitgegenständlich ist die Reichweite der Rechte die Klägerin in ihrer verfassungsgemäßen und gesetzlich vorgeschriebenen Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben.

 

  1. Streitentscheidenden Normen aus dem öffentlichen Recht:

Die AGB von Facebook bilden im Wortlaut ihrer sieben Tatbestandsmerkmale darüber hinaus außerdem lediglich die Vorschriften des NetzDG ab, wie z.B. §1 Abs. 3 NetzDG i.V. mit §130 StGB.

Selbst wenn man – fälschlich – von den AGB als streitentscheidend ausginge, entnimmt man schon aus der folgenden AGB-Bestimmung:

„Netzwerkdurchsetzungsgesetz („NetzDG“)

Weitere Informationen zum … Melden von Inhalten, die Deiner Ansicht nach rechtswidrig nach dem NetzDG sind, findest du auf unserer Seite im Hilfebereich: NetzDG.“ https://www.Facebook.com/legal/terms (Anlage 6)

So bietet die Beklagte in ihren AGB eine eigene Erklärungsseite an, um auf Basis des NetzDG selbst tätig zu werden

Anlage 1

und die Beklagte hat einen eigenen Kommunikationskanal eröffnet, um auf Basis des NetzDG bei ihr Eingaben tätigen zu können:

Anlage 1

Damit hat die Beklagte selbst das NetzDG zum integralen Bestandteil ihrer AGB gemacht. Da das NetzDG Teil des öffentlichen Rechts ist, ist es die Beklagte selbst, die sich darauf beruft, öffentliches Recht anzuwenden. Hieran muß sie sich dann auch festhalten lassen.

Dies wird auch durch § 5 des NetzDG bestätigt. § 5 Absatz 1 des NetzDG verlangt von Facebook diverse Angaben. Diese erfüllt Facebook unter der Überschrift „Netzwerkdurchsetzungsgesetz („NetzDG“)“ auf ihrer Webseite unter https://www.Facebook.com/legal/terms

Anlage 2

Dies bestätigt mehrfach, daß Facebook von sich aus mit dem NetzDG öffentliches Recht anwendet. Hieran muß sich Facebook dann auch festhalten lassen. Facebook kann daher nicht argumentieren, daß es die vom Gesetzgeber definierten öffentlich rechtlichen Gesetze befolgt, aber bei der Überprüfung von deren Einhaltung sich nicht einem Verwaltungsgericht unterwerfen möchte.

Damit sind die streitentscheidenden Normen letztendlich das ParteienG und das NetzDG und damit öffentlich rechtliche Normen.

 

  1. Wahre Natur des behaupteten Anspruchs ist öffentlich-rechtlicher Natur:

Darüber hinaus ist die Streitigkeit auch deswegen eine öffentlich-rechtliche, da auch die wahre Natur des behaupteten Anspruchs öffentlich-rechtlicher Natur ist.

Dies ist vorliegend erstens der Fall, weil die Klägerin Anspruch darauf hat, sich gegen den durch die on Facebook im Raum gestellten Vorwurf der Verletzung von Strafgesetzen vor einem ordentlichen Gericht zu verantworten und er hat den Anspruch darauf, bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten. Im Gegensatz hierzu sieht sich das Privatunternehmen Facebook als durch das Netzwerkdurchdringungsgesetz durch den Staat beauftragte Rechtsperson an, ebenfalls Strafgesetze anzuwenden (Anlage 1; 2) und auf Basis dieser Anwendung von Strafgesetzen unmittelbar „schuldig“ zu sprechen, noch bevor sich der Betroffene hierzu überhaupt äußern konnte. Schon die hieraus resultierende streitentscheidende Frage der Anmaßung der Übernahme der staatlichen Aufgabe der Rechtsprechung durch das Privatunternehmen Facebook ist öffentlich-rechtlicher Natur.

Dies ist vorliegend zweitens der Fall, weil die Maßnahme der Löschung des klagegegenständlichen Inhalts die Wirkung hat, den Kläger in seinen grundgesetzlichen und gesetzlichen Rechten als politischer Partei zu behindern.

Der gelöschte Beitrag diente der politischen Willensbildung der Bevölkerung im Sinne von Art. 21GG und §3ParteienG. Der Anspruch der Klägerin geht dahin, diese Verletzung seiner Rechte als politischer Partei festzustellen und sie für die Zukunft abzustellen. Die wahre Natur dieses Anspruchs der Klägerin ist ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur.

Auch die Rechtsfolge der Sperrung behindert den Kläger darin, seiner verfassungsmäßigen Aufgabe aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und aus seiner gesetzlichen Aufgabe aus dem ParteienG (z.B. §1ParteienG) nachzukommen. Die wahre Natur auch dieses Anspruchs der Klägerin ist öffentlich-rechtlicher Natur.

Damit ist auch die wahre Natur der geltend gemachten Ansprüche des AfD-Kreisverbands Altötting als politischer Partei vorliegend in jedem Fall ein öffentlich-rechtlicher.

 

  • Facebook bietet selbst Dienste öffentlich-rechtlichen Charakters an:

Darüber hinaus unterwirft sich Facebook freiwillig selbst öffentlichem Recht!

Facebook bietet nämlich dem Nutzer an, sich selbst auch in die Kategorie „Politische Partei“; „Politiker“ etc. einzuordnen. Dieses Angebot hat die Klägerin angenommen und den Kreisverband Altötting der AfD dem Angebot der Beklagten folgend zutreffend als „politische Partei“ kategorisiert.

Anlage 3

Was eine „Politische Partei“; „Politiker“ ist und welche Rechte und Pflichten diesen zukommen, ist in den einschlägigen Normen geregelt. Die einschlägigen Normen hierzu sind allesamt Teil des Öffentlichen Rechts.

Durch das Angebot der Beklagten, sich in eine der Kategorien „Politische Partei“; „Politiker“ einzuordnen greift die Beklagte auf die Definition der Begriffe „Politische Partei“; „Politiker“ zurück. Die Definition von „Politische Partei“; „Politiker“ ist wiederum in den §§ 1-4 des Parteiengesetz geregelt. Dort ist u.a. definiert, daß Parteien eine „öffentliche Aufgabe“ wahrnehmen (§1 Abs. 1 a.E. ParteienG)

Da die Beklagte die im ParteienG definierten Begriffe „Politische Partei“; „Politiker“ selbst anbietet, und da Facebook sich als Instrument anbietet, im Rahmen von §1 Abs. 1 ParteienG bei der Wahrnehmung „öffentlicher Aufgaben“ i.S. des ParteienG tätig zu sein, unterwirft sich Facebook hierdurch konkludent auch den Definitionen für diese Begriffe und unterwirft sich Facebook den Normen für dieses Tätigwerden. Da beides im ParteienG definiert ist, und da das ParteienG Teil des öffentlichen Rechts ist, unterwirft sich Facebook hierdurch konkludent selbst den Regeln des öffentlichen Rechts.

Da das ParteienG Teil des öffentlichen Rechts ist, unterwirft sich die Beklagte hierdurch auch der Rechtsprechung eines Verwaltungsgerichts, in zu dessen Aufgabe es gehört, Normen des öffentlichen Rechts anzuwenden.

Damit sind die streitentscheidenden Normen die Normen des NetzDGs und des Parteiengesetzes. Auch die wahre Natur des geltend gemachten Anspruchs liegt im öffentlichen Recht. Darüber hinaus hat Facebook durch sein Angebot der Einkategorisierung als „Politische Partei“; „Politiker“ sich selbst den Normen und dem Rechtsgebiet unterworfen hat, in welchem diese Begriffe definiert sind.

In der Zusammenschau all dieser Argumente ist klar, daß ist im vorliegenden Fall der Verletzung von Rechten politischer Parteien der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Rein hilfsweise und nur um auch eine theoretisch denkbare Abweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit ausschließen zu können, wird für diesen Fall beantragt, die Klage an ein sachlich zuständiges Gericht weiterzuleiten.

 

II.                  Zulässigkeit

A.                Statthafte Klageart (§ 88 VwGO)

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren der Klägerin (vgl. § 88 VwGO), das im Klageantrag seinen Ausdruck findet.

Die Klägerin möchte vorliegend erreichen, daß

  • Seine Sperre in Facebook aufgehoben wird
  • Diese Sperre als rechtswidrig erkannt wird
  • Der gelöschte Beitrag wiederhergestellt wird
  • Die Löschung dieses Beitrags als rechtswidrig erkannt wird
  • Die Beklagte verpflichtet wird, den Kläger so zu stellen, als ob die Sperre und/oder die Löschung nie eingetreten wäre (u.a. Löschung der Sperre aus internen Aufzeichnungen)
  • Es zu unterlassen, den gelöschten / gesperrten Beitrag ein weiteres Mal zu löschen und/oder zu sperren
  • Eine Beweissicherung

All dies sind (negative) Leistungsbegehren.

Darüber hinaus macht die Klägerin Auskunftsansprüche geltend.

 

B.                Rechtschutzgarantie (Art. 19Abs. 4 GG) / Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)

Die Erfahrung zeigt, daß Facebook in der Vergangenheit versuchte die Anzahl an Rechtsstreitigkeiten dadurch zu reduzieren, indem Facebook z.B. behauptet, Klagen müßten auf Englisch in Irland eingereicht werden. Ein derartiges Ansinnen ist aus folgenden Gründen unbeachtlich:

1.                 Rechtsschutzbedürfnis

Wer in seinen Rechten verletzt ist, hat grundsätzlich Anspruch auf Rechtsschutz.

Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn die Klägerin mit dem von ihm angestrebten gerichtlichen Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt und er den angestrebten Erfolg nicht auf einfachere, schnellere oder billigere Art und Weise erreichen kann und er nicht rechtsmissbräuchlich handelt.

Diesem hat sich Facebook in der Vergangenheit dadurch versucht zu entziehen, indem Facebook mit Hilfe der AGB z.B. vorschrieb, Klagen außerhalb Deutschlands an Gerichten einzureichen und in die dortige Sprache zu übersetzen. Hierdurch hatte Facebook, die Hürden für Klagen derart hoch gesetzt gehabt, daß dies einen effektiven Rechtsschutz durch ein zu Gunsten von Facebook verschobenes Aufwand-Nutzen-Verhältnis praktisch unmöglich gemacht hat.

Einer solchen Praxis steht nach Überzeugung der Klägerin jedoch die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG entgegen. In der Bundesrepublik Deutschland ist diese Rechtsweggarantie gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) für jede natürliche und privatrechtliche juristische Person gegeben.

Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>; stRspr).

Die grundgesetzliche Garantie umfasst den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 107, 395 <401>). Der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 93, 1 <13>; stRspr) vgl. auch 2 BvR 2236/04 –, „Europäischer Haftbefehl“, BVerfGE 113, 273 (310)

Da vorliegend der Kreisverband Altötting der AfD in seinen gesetzlich definierten Aufgaben als politische Partei Rechtsschutz vor der Anwendung des NetzDG durch Facebook als Privatunternehmen begehrt, besteht vorliegend grundsätzlich Anspruch auf Rechtsschutz in Deutschland im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 GG.

Die jüngste Entwicklung deutet darauf hin, daß sich Facebook dem auch beugt:

Facebook gesteht ausweislich seiner Webseite zu, das NetzDG anzuwenden. Dieses NetzDG regelt wiederum, daß Facebook eine Person anzugeben hat, an die:

„…Zustellungen … in Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten wegen der Verbreitung rechtswidriger Inhalte bewirkt werden.“ (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NetzDG)

Damit hat der Gesetzgeber im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Norm des NetzDG auch Facebook vorgeschrieben, sich vor deutschen Gerichten zu verantworten.

Dieser Gesetzesvorschrift kann sich Facebook nicht, wie früher praktiziert, durch eine AGB-Klausel entziehen, der gemäß man als Nutzer von Facebook nicht in Deutschland klagen dürfe, sondern in einem anderen Land klagen müsse.

Im Übrigen hat sich Facebook ausweislich seiner Webseite auch der Auflage aus § 5 Abs. 1 Satz 2 NetzDG unterworfen und gibt auf seiner Webseite nun einen Zustellbevollmächtigten an, der der Auflage aus § 5 Abs. 1 Satz 2 NetzDG nachkommt und Klagen gegen Facebook vor deutschen Gerichten entgegennimmt.

                                                                                                     Anlage 2

Einen Zustellungsbevollmächtigten für Klagen vor deutschen Gerichten zu benennen impliziert, sich der Rechtsprechung von deutschen Gerichten auch zu unterwerfen.

Facebook kann sich jedenfalls nicht aus dem NetzDG die Passagen herauspicken, die Facebook „gefallen“, wie z.B. Löschungen und Sperrungen, und die Passagen ignorieren, die Facebook nicht gefallen, wie z.B. sich deutschem Recht vor deutschen Gerichten unterwerfen.

Es ist im vorliegenden Fall evident, daß Rechtsschutzbedürfnis besteht und es ist ebenso evident, daß diesem Rechtsschutzbedürfnis vor einem deutschen Gericht nachzukommen ist.

 

2.                 Personenkreis, der Rechtschutz in Anspruch nehmen kann:

Allerdings sind zur Vermeidung von Popularklagen nur tatsächlich oder möglicherweise Belastete klagebefugt.

Belastet ist durch die Sperren der Kreisverband Altötting der AfD, der diese Facebook-Seite als sein Organ betreibt. Vertreten wird dieser durch den Unterzeichner der Klage:

„Der Landesverband wird durch zwei Mitglieder des Landesvorstandes, darunter mindestens der Vorsitzende oder ein Stellvertretender Vorsitzender oder der Schatzmeister gemeinsam gerichtlich und außergerichtlich vertreten.“ §10 Abs. 3 BY AfD-Landessatzung i.V. §36 Abs. 1 Satz 1 BGB https://cdn.afd.tools/sites/86/2014/12/25092758/Satzung.BY_26.11.2017.pdf

Darüber hinaus legt die selbe Satzung fest, daß diese Regelung auch für die Gliederungsebene des Kreisverbands Altötting der AfD gilt:

„Im Übrigen gelten entsprechend die Regelungen des … § 10 Absatz 1 bis 3.“ §12 Abs. 3 BY AfD-Landessatzung

Damit ist der Kreisverband Altötting der AfD vorliegend klagebefugt.

Der Kreisverband Altötting wird durch seien Vorstand vertreten, dessen erster Sprecher diesen Schriftsatz einreicht und unterzeichnet.

Der Kreisverband Altötting der AfD betreibt gemäß Vorstandsbeschluß den Facebook-Account „Kreisverband Altötting“ als Organ des Kreisverbands zum Zweck der politischen Willensbildung gemäß Art. 21 Absatz 1 Satz 1 GG.

Vorliegend trägt die Klägerin vor, durch das Löschen eines Beitrags und durch die Sperre der Klägerin satzungsgemäßes Organ der politischen Partei AfD belastet worden zu sein.

Als Adressat einer solchen belastenden Regelung bzw. Handlung kann der Kreisverband Altötting der AfD als Kläger zumindest behaupten in seinen Rechten aus Art. 21 GG und / oder aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1; 3 GG verletzt zu sein.

Hieraus ergibt sich, daß ein Anspruch nicht von vorne herein ausgeschlossen ist.

 

C.                 Zuständigkeit des Gerichts (§83 VwGO):

1.                 Sachlich zuständiges Gericht § 45 (VwGO)

Da vorliegend gemäß § 40 Abs. 1 S1VwGO der Verwaltungsrechtsweg offen steht, ist nach § 45 (VwGO) das VG für die Klage sachlich zuständig.

Die Klägerin sieht sich durch die Beklagte in seinen Grundrechten und Rechten aus der Verfassung und aus den gesetzlichen Rechten zur politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland beizutragen, verletzt.

Insbesondere sieht sich die Klägerin durch die Beklagte verletzt, seiner ihm gesetzlich zugewiesenen öffentlich rechtlichen Aufgabe aus §§1; 3 ParteienG nachzukommen; hierzu zählen insbesondere:

  • die freie, dauernde Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes (§1(1)ParteienG)
  • an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mitzuwirken (§1(2)ParteienG)
  • auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß zu nehmen (§1(2)ParteienG)
  • die politische Bildung anzuregen und vertiefen (§1(2)ParteienG)
  • die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern (§1(2)ParteienG)
  • zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, (§1(2)ParteienG)
  • sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen (§1(2)ParteienG)
  • auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, (§1(2)ParteienG)
  • die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen (§1(2)ParteienG)
  • für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen zu sorgen (§1(2)ParteienG)

 

2.                 Örtliche Zuständigkeit § 52 Nr. 5 VwGO:

Örtlich nach § 52 Nr. 5 VwGO, das Verwaltungsgericht Hamburg zuständig, da Facebook dort seinen deutschen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten … Aufenthalt hatte.

In einem anderen Verfahren einer Privatperson, die sich ausschließlich auf die AGB on Facebook beruft, hat sich das Landgericht Hamburg als örtlich zuständig erkannt und Facebook als Beklagter die Klage zugestellt.

Anlage 4

Rein Hilfsweise wird um Verweisung an ein anderweitig zuständiges Gericht ersucht.

 

 

D.                 Form / Frist

Am 26.1.2018, dem Tag der noch andauernden streitgegenständlichen Sperre wurden drei eigenhändig unterzeichnete Klageschriften bei der Post aufgegeben.

Die Verfahrenssprache ist selbst dann Deutsch, wenn Facebook diese Auffassung nicht teilen sollte (vgl. AG Berlin Urt. v. 08.03.2017, Az. 15 C 364/16)

 

 

E.                  Beteiligtenfähigkeit § 61 VwGO & Prozessfähigkeit § 63; 62 VwGO

Beteiligten- Prozessfähigkeit §§ 62; 63VwGO; §3ParteienG

Der Unterzeichner wirkt als ordentlich gewählter erster Sprecher des Kreisverbands Altötting der AfD und damit in seiner gesetzlichen und satzungsgemäßen Funktion berechtigt den Kreisverband Altötting der AfD nach außen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.

 

 

 

B

III.              Begründetheit der Klage §§ 78 Nr. 1/2; 113 Abs. 1 S1 VwGO

Die Leistungsklage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und die Klägerin einen Anspruch auf Leistung, Duldung oder Unterlassung hat.

Da die Eingriffshandlung der Beklagten in die Rechte der Klägerin eingreift, wäre nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 20 Absatz 3 GG eine Rechtsgrundlage erforderlich.

A.                Beklagter §78 Abs. 1 VwGO:

Die Klage ist grundsätzlich gegen den Rechtsträger, nicht gegen die Behörde zu richten (sog. Rechtsträgerprinzip), § 78 I Nr. 1 VwGO.

Ausnahmsweise können die Bundesländer durch Landesrecht (Verordnung genügt) nach § 78 I Nr. 2 VwGO bestimmen, dass die Klage gegen die zuständige Behörde selbst zu richten.

Die „Sozialien Netzwerke“ wurden zum Zweck der Kontrolle der mit deren Hilfe kommunizierten Inhalte durch den Bund mit Hilfe des NetzDG mit zusätzlichen Rechten ausgestattet.

Durch diese Ausstattung mit zusätzlichen Kontrollrechten und Kontrollpflichten sind „soziale Netzwerke“ im Sinne des NetzDG eine durch die Bundesregierung mit Hilfe des NetzDGes bestellte Rechtsträgerin im Sinne von §78 Abs. 1 VwGO.

Mit Hilfe dieser durch das NetzDG übertragenen Rechte wirkt die Beklagte wie eine Behörde, denn die Beklagte ist durch §1 Abs. 1; 3 NetzDG beauftragt, Strafrecht anzuwenden. Das aber kann und darf nur eine Behörde. Im Übrigen sei darauf verwiesen, Zweifelsfälle nicht zu Lasten des Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin gehen können.

Da die Beklagte „Facebook“ ein derartiges „soziales Netzwerk“ ist, ist Facebook als Rechtsträgerin auch die richtige Beklagte.

In der Übernahme dieser Aufgaben wirkt die Beklagte außerdem auch als Behörde, indem sie durch das NetzDG beauftragt gegenüber der Klägerin „Recht spricht“ und umsetzt.

Dies wird schon aus dem Umstand deutlich, daß sich Facebook berechtigt fühlt gemäß §3 NetzDG ihr vorliegende Sachverhalte unter Gesetzesnormen (§1 Abs. 3 NetzDG) zu subsumieren und aus dieser Subsumtion Entscheidungen herbeizuführen (§3 Abs. 1 Satz 1 NetzDG) und diese dann mit Hilfe von Sperrungen und Löschungen durchzusetzen. §3 Absatz 2 Nr. 1 des NetzDGes mißt der Beklagten hierfür z.B. „das Recht“ zu, zu prüfen, „ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist“.

Bei dieser Überprüfung der „Rechtswidrigkeit“ wendet die Beklagte ausweislich §1 Abs. 3 NetzDG ausschließlich Vorschriften des Strafrechts an. Damit tritt Facebook für den Kläger in Konkurrenz zu den ordentlichen Gerichten als „Rechtsprechungsorgan“ in Erscheinung.

Indem die Beklagte „Facebook“ als „Rechtsprechungsorgan“ auftritt, wirkt sie auch als eine Behörde und müßte sich deswegen auch als Behörde behandeln lassen und wäre auch unter diesem Gesichtspunkt die richtige Beklagte.

Wenn Facebook ordnungsgemäßes „Rechtsprechungsorgan“ ist, dann ist Facebook auch eine Behörde.

Wenn Facebook kein ordnungsgemäßes „Rechtsprechungsorgan“ ist, dann ist Facebook ein Rechtsträger, der nach außen als Quasibehörde auf die Bevölkerung wirkt.

In beiden Fällen ist Facebook vor dem Verwaltungsgericht passivlegitimiert.

Selbst wenn unklar wäre, in welcher der beiden Rollen Facebook passivlegitimiert wäre, so wäre die Klärung dieser Frage ebenfalls eine öffentlich-rechtliche und deswegen vor dem Verwaltungsgericht zu behandelnde Frage, bei der Facebook ebenfalls die richtige Beklagte wäre.

Daher ist Facebook in allen Fällen der vom Gesetzgeber definierte richtige Beklagte vor einem Verwaltungsgericht.

 

 

B.                 Rechtwidrigkeit der Löschung / Sperre

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf ihr Begehren, wenn ein Anspruch der Klägerin besteht. Dieser Anspruch kann sich aus Gesetz (Bundes- Landesgesetz, Rechtsverordnung oder Satzung), VA, Zusage oder aus einem öffentlich- rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) ergeben.

 

1.                 Anspruchsgrundlage der Klägerin:

Die Klägerin hat für den Kreisverband mit der Beklagten einen Austauschvertrag geschossen, der gemäß ihr die Beklagte das Recht einräumt im Rahmen der einschlägigen Normen Veröffentlichungen bei der Beklagten zu tätigen.

Der Vertrag selbst ist ungestört. Haupt- und Nebenpflichten gehen aus den einschlägigen Vorschriften (AGB; Gesetze etc.) hervor.

Die Klägerin betreibt ihr Konto bei der Beklagten unter der von der Beklagten angebotenen Kategorie „politische Partei“. Daher ist für die Beklagte klar, daß der Klägerin Trägerin der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1; 3GG und Träger der Rechte aus Art. 21 Abs. 1 GG aus dem ParteienG ist.

Als politische Partei hat der AfD Kreisverband Altötting daher durch den Gesetzgeber den Auftrag erhalten, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Dieses Konto betreibt die Klägerin bei der Beklagten als Organ des Kreisverbands Altötting zum Zweck der Information und Willensbildung des Volks.

Dies gilt vorliegend umso mehr, als im Wirkungsbereich des Kreisverbands Altötting am 14.10.2018, also in neun Monaten Landtagswahlen stattfinden.

Zum Zweck der Umsetzung ihres Auftrags aus § 1; 3 ParteienG wirkt die Klägerin unter ihren Namen und mit Hilfe ihres Kontos bei der Beklagten willensbildend

Insbesondere Vorfeld der Landtagswahlen in Bayern am 14.10.2018 und dem bereits beginnenden Wahlkampf ist es das Recht und die Pflicht des Kreisverbands Altötting folgende für ihn vom Gesetzgeber definierten Handlungen vorzunehmen:

  • die freie, dauernde Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes (§1(1)ParteienG)
  • an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mitzuwirken (§1(2)ParteienG)
  • auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß zu nehmen (§1(2)ParteienG)
  • die politische Bildung anzuregen und vertiefen (§1(2)ParteienG)
  • die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern (§1(2)ParteienG)
  • zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, (§1(2)ParteienG)
  • sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen (§1(2)ParteienG)
  • auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, (§1(2)ParteienG)
  • die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen (§1(2)ParteienG)
  • für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen zu sorgen (§1(2)ParteienG)

Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Aufträge also betreibt die Klägerin ihre Facebook-Seite als ihr Organ und veröffentlicht auf dieser Facebook-Seite als Organ Beiträge zur Willensbildung des Volks.

 

2.                 Eingriff der Beklagten:

In diese gesetzlich verbrieften Rechte der Klägerin hat die Beklagte durch zwei Löschungen und eine 24-Stunden-Sperre eingegriffen. Gelöscht wurden folgende beiden Beiträge:

Von diesen Beiträgen hatte ein erster Beitrag am 10.1. den Inhalt eines „Smileys“:

Von diesen Beiträgen hatte ein zweiter Beitrag am 24.1. folgenden Inhalt:

Vgl. auch Anlagen 7; 8

Dieser zweite Beitrag bezog sich auf das 14-Jährige Opfer eines Gewaltverbrechens. Dieses Gewaltverbrechen geschah an einer „Schule gegen Rassismus“ und ein Täter einer Ethnie hat ein Opfer einer anderen Ethnie mit gezielten Messerstichen in den Hals ermordet.

Das Löschen dieser beiden Beiträge der Beklagten ist eindeutig ein Eingriff in deren Rechte aus §§ 1; 3 ParteienG.

 

3.                 Rechtfertigung der Beklagten: AGB/NetzDG

 

AGB als Rechtsgrundlage ungeeignet:

Da AGB nicht geeignet sind, gesetzliche Vorschriften einzugrenzen, kann sich die Beklagte für ihr Handeln nicht auf ihre AGB berufen.

Darüber hinaus definiert Facebook in seinen AGB das zusätzliche Tatbestandsmerkmal, daß für die Anwendung einer jeden der sieben Merkmale zunächst der gelöschte Beitrag „…Personen … direkt angreifen…“ müsse!

An keiner Stelle der gelöschten Beiträge wird aber eine Person angegriffen!

Darüber hinaus ist das Merkmal eines „direkten“ Angriffs ebenfalls nicht gegeben!

Selbst wenn dem nicht so wäre, würden die AGB an der AGB-Kontrolle scheitern:

Mehrdeutige AGB-Klauseln gehen zu Lasten des Erstellers, also zu Lasten von Facebook (§305c Absatz 2 BGB i.V. 3310 Absatz 1 Satz 1 BGB). Selbst wenn man wüßte, unter welchen der sieben von Facebook in den AGB von Facebook aufgeführten verbotenen Kategorien (vgl. Anlage 6) welcher Teil des gelöschten Beitrags durch Facebook subsumiert worden wäre, dann ist aber immer noch keiner dieser sieben Begriffe für sich alleine genommen klar definiert.

So bleibt der Beklagten nur noch das NetzDG als mögliche Rechtfertigungsgrundlage:

 

NetzDG als Rechtsgrundlage:

Die Beklagte hat daher offenbar unter Anwendung des NetzDG zwei Beiträge der Klägerin gelöscht und die Klägerin für 24 Stunden gesperrt.

Das ist nur möglich, wenn das NetzDG eine ordnungsgemäße Grundlage wäre, in die Rechte der Klägerin eingreifen zu dürfen.

Um als überhaupt Rechtfertigungsgrundlage zu dienen, müßte das NetzDG durch die Beklagte formell und materiell ordnungsgemäß erlassen worden sein und darüber hinaus durch die Beklagte materiell ordnungsgemäß erlassen und verhältnismäßig angewandt worden sein:

 

a)                NetzDG eine geeignete Rechtsgrundlage zum Eingriff in das ParteienG?

Die Beklagte nimmt für sich in Anspruch unter Verwies auf das NetzDG diesen Wirkungsradius des Klägers einschränken zu dürfen. Dies ist schon deswegen nicht möglich, weil das NetzDG keine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage darstellt, um hiermit in die Rechte der Klägerin eingreifen zu können:

 

(1)             Eröffnung der Schutzbereiche der Grundrechte der Klägerin

Die Klägerin beruft sich zum Veröffentlichen ihrer beiden streitgegenständlichen Beiträge auf ihre Grundrechte aus Art. 21 und 5 Abs. 1 GG, welche durch das ParteienG konkretisiert werden:

(a)             Schutzbereich Art. 21 GG

Sachlicher / persönlicher Schutzbereich

Politische Parteien weisen durch ihren Auftrag „bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“ (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG) eine verfassungsmäßige Inkorporation auf. Damit ist die Klägerin sowohl in Staat, als auch in der Gesellschaft verwurzelt. Der Auftrag aus dem GG an die Parteien „bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“ gilt im „gesamten Prozess öffentlicher Auseinandersetzung“ (BVerfGE 8, 51/68, 264/284) und „im Bereich institutioneller Staatlichkeit“ (BVerfGE 20, 56/100f; 52 63/82f; 73 1/33). Damit spielen sie eine Rolle bei der politischen Willensbildung, als auch bei der staatlichen Entscheidungsfindung (BVerfGE 85, 264/285).

Aus der in Art. 21 Abs. 1 GG erwähnten Gründungsfreiheit der politischen Parteien wird auch eine Betätigungsfreiheit abgeleitet. Als Abwehrrechte kommen der politischen Partei die Rechet aus Art. 3 GG; Art. 5GG und 8 GG zugute.

Da die Klägerin eine Gliederung einer politischen Partei ist, kann sie sich auf den sachlichen Schutzbereich des Art. 21 GG berufen. Das gleiche gilt für den persönlichen Schutzbereich

 

(b)            Schutzbereich Art. 5 GG

Sachlicher Schutzbereich

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gehört zu den vornehmsten Menschenrechten überhaupt (BVerfGE 7, 198/208). Für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen ist es konstituierend (BVerfGE 62, 230/247; 71 206/220; 76 196/208). Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit dient dem demokratischen Prozess, für den es konstituierend ist (BVerfGE 82, 282/281).

Der Begriff der Meinung ist grundsätzlich weit zu verstehen (BVerfGE 61 1/9). Er umfasst Werturteile und Tatsachenbehauptungen jedenfalls, wenn sie Voraussetzungen für die Bildung von Meinungen sind (BVerfGE 94, 1/7; 64, 1/8; 65 1/41).

Zum Grundrecht der Meinungsäußerung ist auch geschützt, daß sie beim Adressaten ankommt (s.u.).

Im politischen Meinungskampf geht die Meinungsfreiheit sehr weit. Grenzen werden allerdings erreicht, wenn die Menschenwürde angegriffen wird, ebenso, wenn die Äußerungen strafbaren Inhalts sind.

 

Persönlicher Schutzbereich

Politische Parteien sind schon aus dem Wortlaut „jeder“ aus Art. 5 Abs. 1 GG ausdrücklich erfasst.

Die Klägerin und ihre Äußerungen sind vom persönlichen Schutzbereich des Art 21; 5GG sowohl persönlich, als auch sachlich umfasst.

 

(2)             Eingriff

Ein Eingriff ist jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht.

Das staatliche Handeln liegt vorliegend in der Inkraftsetzung des NetzDG. Hierdurch instrumentalisiert der Staat das soziale Netzwerk an seiner Stelle zu handeln und bewehrt ein mögliches Nichthandeln mit bis zu 50.000.000€ Strafe. Vor diesem Hintergrund sind die Handlungen des sozialen Netzwerks dem Staat zuzurechnen. Somit handelt es ich  beim Löschen und Sperren letztendlich doch um „staatliches Handeln“.

Vorliegend kommen mehrere derartige Eingriffsakte in Betracht:

Das NetzDG betrifft gerichtlich ungeprüfte angebliche „…rechtswidrige Inhalte…“ und koppelt diese an einen Katalog aus dem StGB (§ 1 Abs. 3 NetzDG). Diese seien durch das „Soziale Netzwerk“ zu identifizieren.

Darüber hinaus wird dem sozialen Netzwerk als Privatunternehmen die Aufgabe übertragen „unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis zu nehmen und zu prüfen, ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist“ (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG).

Dies wird flankiert mit einem Zeitdruck beginnend bei 24 Stunden (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG) und unverhältnismäßig hohen Ordnungsgeldzahlungen von bis zu 500.000€ pro Fall bzw. 50.000.000€ pro Fall (§ 4 Abs. 2 NetzDG).

Schon das Inkraftsetzen bewirkt eine „Schere im Kopf“ und greift in den Schutzbereich des Art. 5 GG der Klägerin ein, denn es sind auch die Kommentarzeilen unter Facebook-Beiträgen vom NetzDG betroffen und seit das NetzDG in Kraft ist, reduziert sich deren Anzahl und inhaltlicher Gehalt merklich.

Die beiden durch Facebook gelöschten Beiträge belegen, daß beim Kläger 100% der gelöschten Beiträge solche sind, die gerade NICHT unter eine Strafvorschrift fallen, auf die das NetzDG verweist. Durch das Löschen dieser beiden Beiträge der Klägerin als Politischer Partei hat die Beklagte in den Schutzbereich der Klägerin aus Art. 21GG und Art. 5 GG eingegriffen.

Ein noch weiterer Eingriff in den Schutzbereich der Klägerin erfolgte durch das Sperren der Klägerin durch die Beklagte für 24 Stunden.

 

(3)             Rechtfertigung

Der erfolgte Eingriff in den Schutzbereich der Klägerin aus Art. 21GG und Art. 5 GG könnte jedoch gerechtfertigt sein.

Gerechtfertigt wäre er ggf. dann, wenn dem Eingriff das NetzDG als ordnungsgemäßes Gesetz zugrunde liegen würde.

Hierzu müßte jedoch die Schranke qualifiziert sein. Das ist nur der Fall, wenn das NetzDG ordnungsgemäß zustande gekommen ist, formell und materiell verfassungsgemäß ist, und verhältnismäßig angewandt worden ist.

 

Formelle Rechtmäßigkeit des NetzDG

Ordnungsgemäßes Zustandekommen des NetzDG

Parlamentsvorbehalt: Schon am ordnungsgemäßen Zustandekommen bestehen Zweifel. Bei der Abstimmung über das NetzDG waren zu wenige Parlamentarier anwesend, was allerdings offenbar nicht gerügt wurde.

Verstoß gegen die Wesentlichkeitstheorie: Über Art. 80 GG hinausgehend hat das BVerfG die „Wesentlichkeitstheorie“ entwickelt, nach der der Gesetzgeber verpflichtet ist, „in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, so weit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen“ (E 61, 200 (275); 77, 170 (230f). Was wesentlich ist, ist an der Intensität des Eingriffs z.B. in Grundrechte zu messen.

Vorliegend wird durch den Eingriff der Beklagten in den Schutzbereich des Art. 5 und den Art. 21GG mit Hilfe von Löschungen von deren Beiträge nicht nur in den Auftrag der Klägerin willensbildend auf das Volk zu wirken, sondern darüber hinaus auch aufgrund der Doppelfunktion von Parteien in die Einflußnahme im Staat selbst eingegriffen. Vorliegend wurde durch das NetzDG der staatlichen Aufgabe über einen Verstoß gegen Strafvorschriften aus auf ein privates Unternehmen verlagert. Derart wesentliche Entscheidungen zu treffen, ob Strafgesetze verletzt wurden oder nicht, ist jedoch eine genuine Kompetenz des Staats selbst.

 

NetzDG materiell verfassungsgemäß?

Bestimmtheitsgrundsatz: Der Bestimmtheitsgrundsatz legt als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips fest, daß eine Norm in ihren Voraussetzungen und ihrer Rechtsfolge so formuliert sein muß, daß die von der Norm Betroffenen die Rechtslage und die Rechtsfolge erkennen und ihr Verhalten darauf einrichten können (BVerfGE 21, 79).

Je schwieriger die Auswirkungen einer Regelung sind, desto genauer müssen die Vorgaben des förmlichen Gesetzgebers sein (BVerfGE 49, 168/181; 39 261/286 etc.)

Selbst wenn der Staat mit Hilfe von Ermächtigungsgrundlagen den untergeordneten Gliederungen die Möglichkeit eröffnet, Regelungen innerhalb des Staats zu treffen (vgl. Art. 80GG), so ändert dies nichts daran, daß Inhalt, Zweck und Ausmaß für den Bürger vorhersehbar sein muß (BVerfGE 21, 79).

Hierbei müssen die „…äußeren Grenzen des Spielraums abgesteckt und damit die Möglichkeit richterlicher Überprüfung der Einhaltung der Grenzen gegeben sein“ (BVerfGE 6, 32/42, 150/158; 21, 73/78ff).

„Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn eine willkürliche Handhabung …. ermöglicht wird“ (BVerfGE 80, 137/161; BVerfGE 105 144/147).

Letzteres ist vorliegend evident der Fall. Die beiden Beiträge, welche durch die Beklagte gelöscht wurden, belegen, daß eine willkürliche Handhabung von Löschungen und Sperrungen nicht nur ermöglicht wird, sondern vorliegend bei der Klägerin auch praktiziert wurde. Das NetzDG ist an diversen Stellen unbestimmt:

 

Verweise sind unbestimmt

Das NetzDG definiert als Tatbestandsmerkmal „…rechtswidrige Inhalte…“ (§3 NetzDG). Zur „Definition“, was denn ein „rechtswidriger Inhalt“ ist, wurde in das NetzDG ein Katalog aus Strafrechtsvorschriften aufgenommen (§1 Abs. 3 NetzDG). Tatsächlich handelt es sich daher nicht um eine „Definition“, sondern um einen bloßen Verweis, der zur Tarnung „Definition“ genannt wurde:

Schon der Wortlaut von §1 Abs. 3 NetzDG läßt erkennen: „Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.“ Festzustellen, was ein „rechtswidriger Inhalt“ ist, ist jedoch eine Aufgabe des Staates und seiner ordentlichen Gerichte.

Durch die Verwendung des Indikativs „rechtswidrige Inhalte“ hat der Gesetzgeber definiert, daß „rechtswidrige Inhalte“ tatsächlich vorliegen. Das festzustellen ist jedoch Aufgabe der ordentlichen Gerichte (Art. 19(IV)GG). Daher kann das NetzDG erst zur Anwendung kommen, sobald durch ordentliche Gerichte letztinstanzlich festgestellt wurde, daß die Inhalte tatsächlich rechtswidrig sind.

Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen. Auch deswegen sind das streitgegenständlichen Sperren und das Löschen rechtswidrig.

 

Terminus „rechtswidriger Inhalt“ ist unbestimmt

Außerdem ist der Terminus „rechtswidriger Inhalt“ selbst auch unbestimmt, weil er nämlich völlig offen läßt, ob der Terminus „rechtswidriger Inhalt“ den subjektiven Tatbestand ebenfalls umfasst, und/oder die Rechtfertigungsgründe?

Diese weitere Unbestimmtheit des Begriffs „rechtswidrige Inhalte“ aus §3 des NetzDG wird auch daraus deutlich, daß der Gesetzgeber es per NetzDG dem sozialen Netzwerk überträgt, selbst darüber zu entscheiden, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt oder nicht. Damit liegt es im Belieben von Facebook, ob es den subjektiven Tatbestand und / oder die Rechtfertigungsgründe in seine Prüfung mit einbezieht.

Für den Betroffenen ist daher überhaupt nicht erkennbar, was denn nun eigentlich letztendlich geboten bzw. verboten ist!

 

„Verfahren“ implementieren ist unbestimmt

Zur Ermittlung „rechtswidriger Inhalte“ habe die Beklagte gemäß NetzDG außerdem ein „Verfahren“ zur Rechtsprechung zu implementieren.

Schon dadurch, daß der Gesetzgeber die Beklagte beauftragt ein „Verfahren“ zur Rechtsfindung zu implementieren, gesteht er selbst zu, daß die von der Beklagten anzuwendenden Vorschriften des NetzDG unbestimmt sind.

Dies wirkt ganz so, als ob ein „Verfahren“ Unbestimmtes bestimmt machen könnte. Selbst wenn dem so wäre, dann ist es noch immer eine Anforderung des Grundgesetzes an den Gesetzgeber, bestimmte Vorschriften zu erlassen und nicht Privatfirmen den Auftrag mit Hilfe eines „Verfahrens“ die Inhalte dessen, was zu verbieten ist, zu definieren.

Es liegt nahe anzunehmen, daß das, was dann als „Inhalte“ definiert wird, möglicherweise nicht einmal vom sozialen Netzwerk selbst definiert wird, sondern von außerhalb vorgegeben wird, beispielsweise durch die mit dem Justizministerium verbundene Amadeu-Antonio-Stiftung von Frau Kahane.

Schon damit ist das Tatbestandsmerkmal „…rechtswidrige Inhalte…“ (§3 NetzDG) unbestimmt.

Da dieses Tatbestandsmerkmal unbestimmt ist, ist es ungeeignet, einer Prüfung zugrunde gelegt zu werden. So weit das NetzDG der Prüfung eines der beiden gelöschten und klagegegenständlichen Beiträge zugrunde gelegt wurde, ist eine hierauf aufbauende Entscheidung daher rechtswidrig.

 

Rechtsgrundlage für eine Privatfirma „Recht“ zu sprechen?

„Rechtswidrige Inhalte“ ist außerdem im Gesetzeswortlaut im Indikativ formuliert. Das bedeutet, daß die Rechtsfolge nur trifft, was – wegen des Indikativs – als tatsächlich rechtswidrig festgestellt wurde. Festzustellen, was tatsächlich „rechtswidrig“ ist, ist jedoch in einem Rechtsstaat grundsätzlich nur den staatlichen Organen vorbehalten. Vorliegend wird im NetzDG jedoch vom „sozialen Netzwerk“ verlangt nur solche Inhalte zu sanktionieren, deren Inhalte tatsächlich rechtswidrig sind. Es bleibt im NetzDG völlig offen, wie diese „Rechtswidrigkeit“ denn festzustellen ist? Diesbezüglich ist das Gesetz also unbestimmt.

Die hierzu zentrale Regelung aus § 3 Abs. 1 NetzDG legt eine Gleichstellung von Rechtswidrigkeit und Tatbestandsmäßigkeit nahe?

„Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte […], die die Tatbestand der §§ […] des Strafgesetzbuches erfüllen“

Gemessen an der Definition der „rechtswidrigen Tat“ in § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB erscheint diese Definition noch klar.

Tatsächlich mäandert der Gesetzgeber jedoch je nach Belegstelle in dieser Frage vor sich hin:

  • Die Entwurfsbegründung lehrt auf Seite 20, daß damit ausschließlich solche Handlungen erfasst sein sollen, die den Tatbestand erfüllen und rechtswidrig sind. Die Schuldhaftigkeit ist dabei wohl ausgeschlossen.
  • An einer anderen Stelle jedoch werden Inhalte, die Tatbestand der Paragraphen aus dem Katalog des § 1 Abs. 3 erfüllen eben gerade nicht nur als „rechtswidrig“ (vgl. § 1 Abs. 3 NetzDG-E) erwähnt, sondern als „strafbar“ (vgl. Begründung zu § 1 Abs. 3 NetzDG, S. 20)
  • Der Begriff „objektiv strafbare Inhalte“ (vgl. S. 1, 10, 14) läßt ebenfalls wie
  • der Begriff des „objektiven Tatbestand“ (S. 11, 18) völlig offen, ob auch der subjektive Tatbestand darin nun enthalten sein soll der nicht (so Härting im CR-online.de Blog)?
  • An anderen Stellen der Begründung wird darauf hingewiesen, daß die Schuld der Betroffenen bei der Tatbestandsverwirklichung keine Prüfpunkt sein soll (S. 20, 28).

Darüber hinaus definiert das NetzDG keinerlei Details zum Verfahren, nach welchem das soziale Netzwerk vorzugehen habe. Dies ist derart unbestimmt, daß das soziale Netzwerk nicht einmal Grundrechte, wie rechtliches Gehör vorzusehen braucht, oder den Betroffenen vor der „Verurteilung“ eine „Anklageschrift“ zuzusenden braucht.

Außerdem findet die „Rechtsfindung“ bei der Beklagten quasi in einer Art „schwarzem Loch“ statt, welches keinerlei Einblicke erlaubt und eine öffentliche Kontrolle ausschließt. Hierdurch wird mit Hilfe des NetzDG der Willkür Tür und Tor eröffnet.

Jeder einzelne dieser Umstände verstößt schon für sich gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

 

Widerspruchsfreiheit: Darüber hinaus müssen Gesetze widerspruchsfrei sein. Dies ist beim NetzDG gleich vielfach nicht der Fall:

Dem Rechtsstaasprizip folgend ist die Anwendung des Strafrechts ist vom Grundsatz her den Staatsorganen und ordentlichen Gerichten vorbehalten.

Nun verwiest das NetzDG auf einen Katalog an Vorschriften aus dem Strafrecht und ermächtigt im Widerspruch hierzu Privatfirmen wie Facebook per Gesetz diese Strafrechtsvorschriften anzuwenden und die Nutzer „zu verurteilen“ und diese Urteile z.B. durch „Sperrungen“ und „Löschungen“ zu vollstrecken.

Als Rechtsgrundlage für das NetzDG wird das

Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) als Art. 1 der Vorlage, Änderung § 14 Telemediengesetzhttp://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/815/81582.html

angegeben.

  • 14 des TMG hatte jedoch völlig andere Inhalte und auch Rahmen und Umfang der z.B. Ordnungsmaßnahmen sprengen die des TMG bei Weitem. So gesehen ist auch eine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage für das NetzDG und seine Maßnahmen und Sanktionsumfänge nicht ersichtlich.

Ein weiterer Widerspruch ist, daß das NetzDG verlangt strafbare Inhalte zu Beweiszwecken zu speichern (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 NetzDG). Nun sind aber der Besitz und die Speicherung diverser strafbarer und damit zu entfernender Inhalte strafbewehrt verboten, wie z.B. Kinderpornographie. Damit steht das NetzDG in Anwendung des Strafrechts im diametralen Widerspruch zu dieser strafrechtlichen Regelung.

 

Willkürverbot: Schon die mit dem NetzDG erfolgte Abgrenzung ist willkürlich, denn alle anderen Plattformen zur Verbreitung (falscher) Informationen sind von diesem Gesetz ausgenommen, wie z.B. der gesamte Bereich der redaktionellen Medien. Ganz so als ob durch diese keine „Falschinformationen“ bzw. Persönlichkeitsverletzungen verbreitet würden. Die hohe Anzahl an Prozessen im Medienbereich spricht hierzu eine andere Antwort.

Darüber hinaus müssen Gesetze widerspruchsfrei sein. Die Anwendung des Strafrechts ist vom Grundsatz her den Staatsorganen und ordentlichen Gerichten vorbehalten. Vorliegend wird hierzu ein Privatunternehmen ermächtigt. Schon dieser Widerspruch wirkt unüberbrückbar und willkürlich.

Das NetzDG zwingt außerdem eine Privatfirma per Gesetz zur Anwendung von Strafrechtsvorschriften (vgl. § 1 abs. 3 i.V. mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG). Mangels Rechtsgrundlage, Strafrechtsvorschriften nicht mehr durch Staatsorgane anzuwenden, sondern per Gesetz eine Privatfirma zu zwingen, diese anzuwenden handelt es sich auch bei dieser Selbstermächtigung letztendlich um einen Akt der Willkür.

Doch nicht nur das, das NetzDG ist auch inkompatibel zu übergeordnetem Recht, die dem Völkerrecht, dem Recht der EU und dem Grundgesetz:

 

NetzDG völkerrechtswidrig

Artikel 19 UN-Zivilpakt lautet:

(1) Jedermann hat das Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit.

(2) Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.

Diese Vorschrift ist durch das GG gleich doppelt abgebildet; einmal durch Art. 5GG und ein weiteres Mal durch Art. 25GG:

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Weitere Details s.u.: unter „NetzDG grundgesetzwidrig“.

Zur Völkerrechtswidrigkeit hat der zuständige Vertreter des hohen Kommissars der vereinten Nationen Kayne wie folgt Stellung bezogen (vgl. Anlage 10):

Unbestimmtheit: Er habe, schreibt Kaye, große Bedenken, weil das Gesetz die Meinungsfreiheit vermutlich in unzulässiger Weise einschränke. Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UN-ICCPR) garantiere allen Menschen das Recht, freien Zugang zu Informationen zu suchen und Informationen zu teilen. Eine Einschränkung dieser Rechte auf Basis vage definierter Begriffe wie „Beleidigung“ oder „Diffamierung“ sei damit inkompatibel.

Nichtproportionale Strafen: Außerdem würden die vorgeschlagenen hohen Strafen Bedenken hinsichtlich der Proportionalität auslösen und Betreiber von sozialen Netzwerken dazu veranlassen, Inhalte im Zweifel eher zu löschen, um eine Strafe zu vermeiden. Dieses Risiko werde dadurch erhöht, dass das Gesetz sehr kurze Bewertungsfristen von nur 24 Stunden bis zu 7 Tagen vorsehen. In vielen Auseinandersetzungen um die Meinungsfreiheit beschäftigten Gerichte sich viele Wochen oder Monate mit einem einzelnen Fall.

Privatisierung des Rechts: Kaye kritisiert außerdem, dass das Gesetz keinen Richtervorbehalt vorsehe, sondern die Entscheidung allein den Netzwerkbetreibern überlasse. Jede Entscheidung über Einschränkungen der Meinungsfreiheit müsse von einer Organisation getroffen werden, die unabhängig von politischen, kommerziellen oder anderen unerwünschten Einflüssen sei. Die vorgesehene Löschverpflichtung der Provider sei daher mit internationalem Recht unvereinbar.

Vor dem Hintergrund dieser Kritik der Vereinten Nationen am NetzDG wird die Frage der Kompatibilität des NetzDG mit übergeordnetem Recht auszulegen sein.

 

NetzDG europarechtswidrig

Das NetzDG weist offenbare und schwere Defizite bei der Berücksichtigung von EU-Recht im Bereich der „Dienste der Informationsgesellschaft“ auf und hat Vorgaben der ECRL (RL 2000/31/EG), z.B. betreffend des Herkunftslandprinzips unberücksichtigt gelassen. Das NetzDG bewirkt in seiner Anwendung nämlich eine Fragmentierung des Binnenmarktes (vgl. Erwägungsgrund 59 ECRL).

 

NetzDG im Widerspruch zum Herkunftslandprinzip (Art. 3 ECRL, § 3 TMG): Das NetzDG bezieht sich ausweislich seiner Begründung auf §14 TMG. Das TMG jedoch bezieht sich ausweislich §3 TMG wiederum auf die „Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ECRL).

In Art. 3 Abs. 2 ECRL ist das so bezeichnete „Herkunftslandprinzip“ definiert:

„Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.“  http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32000L0031&from=de

Das „Herkunftslandprinzip“ setzt wiederum die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV um.

Das bedeutet im Kern, daß die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, daß die Anbieter derartiger Dienste nach nationalem z.B. deutschen Recht keinen strengeren Anforderungen unterliegen, als es in dem Staat, in dem der Anbieter, vorliegend also Facebook in Irland – geltende Recht vorsieht. Auf den vorliegenden Fall angewandt: Jede Regelung des NetzDG widerspricht dann EU-Recht, wenn Facebook dieser Regelung in Irland, wo Facebook seinen Sitz in der EU hat, nicht unterworfen ist. Dies dürfte alle im NetzDG enthaltene Regelugen betreffen.

Problematisch ist weiterhin die Behandlung von Anbietern, die sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat ihren Sitz haben; vgl. Erwägungsgrund 19 ECRL mit der Entwurfsbegründung Seite 29 im Zusammenhang mit § 5 NetzDG-E (Inländischer Zustellungsbevollmächtigter).

Vergleichbare Abweichungen gibt es aber schon, wenn man nur das NetzDG mit dem TMG vergleicht:

So enthält das NetzDG keine den §§ 2a, 3 TMG vergleichbare Regelung. Das bedeutet wohl, daß auch Dienste erfasst sein sollen, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ihren Sitz haben.

Da Regelungen, wie die des NetzDG in andern EU-Ländern unbekannt sind, weist das deutsche Recht mit Hilfe des NetzDG Beschränkungen auf, die in anderen Mitgliedstaaten unbekannt sind.

So weit sich die Beklagte hierzu auf Ausnahmetatbestände beruft, sei darauf verwiesen, daß ein im EU-Recht vorgesehener Ausnahmetatbestand gerade nicht vorliegt.

Der Grund hierfür ist, daß diese Ausnahmen eben gerade keine generellen Regelungen gegenüber einer bestimmten Kategorie von Diensten als Ganzes sein können (vgl. COM(2003) 259 final sub. 2.1.2: „case-by-case basis against a specific […] service provided by a given operator“).

Worauf sonst soll denn der Begriff „specific […] service provided by a given operator“ anzuwenden sein, als auf „soziale Netzwerke“, wie vorliegend Facebook?

Außerdem können derartige Maßnahmen nur zur Verhinderung einer „tatsächlich vorhandenen ernsthaften und schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ ergriffen werden und müssen dann natürlich in einem angemessenen Verhältnis zum Schutzziel stehen. Vorliegend ist aber keine derartige „Gefahr“ erkennbar! Damit entfällt auch das Argument sich gegen diese einsetzen zu müssen.

Selbst  wenn eine derartige „Gefahr“ vorliege, dann bestünde die Pflicht den Sitzmitgliedstaat zuerst aufzufordern, daß dieser Maßnahmen zu ergreifen hätte und erst wenn dieser dem nicht nachkommt, oder unzureichend nachkommt, und wenn dann  noch zusätzlich die Kommission und der Mitgliedstaat von den zukünftig beabsichtigten Maßnahmen benachrichtigt worden ist, erst dann könnte ein Gesetz, wie das NetzDG in Deutschland überhaupt verabschiedet werden.

Sieht man in die Gesetzesbegründung, so wird offenbar, daß all das im Fall des NetzDG im Vorfeld offenbar unterlassen worden ist. Wie das Maas-Ministerium vor diesem Hintergrund sich ernsthaft auf einen Ausnahmefall nach Art. 4 Abs. 5 ECRL („dringlicher Fall“) berufen möchte wirkt ausweislich der Faktenlage mystisch. Die Gesetzesbegründung bleibt in der Frage, wieso ein derartiger „dringender Fall zum sofortigen gesetzlichen Handeln“ vorliegen könnte, einfach leer und jeglichen Nachweis schuldig.

Für eine derartige Abweichung würde das EU-Recht auch einen Weg vorsehen, diese Abweichung zu korrigieren- Artikel 3 Absatz 6 schreibt hierzu vor:

„Unbeschadet der Möglichkeit des Mitgliedstaates, die betreffenden Maßnahmen durchzuführen, muß die Kommission innerhalb kürzestmöglicher Zeit prüfen, ob die mitgeteilten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind; gelangt sie zu dem Schluß, daß die Maßnahme nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, so fordert sie den betreffenden Mitgliedstaat auf, davon Abstand zu nehmen, die geplanten Maßnahmen zu ergreifen, bzw. bereits ergriffene Maßnahmen unverzüglich einzustellen.“ http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32000L0031&from=de

Eine vergleichbare Kritik kommt auch vom juristischen Dienst des Bundestags:

Fraglich ist, ob eine unionsrechtskonforme Auslegung des NetzDG-E möglich ist, so dass das NetzDG-E für Netzwerkbetreiber aus anderen Mitgliedstaaten nur greift, wenn die Normen des betreffenden Mitgliedstaats vergleichbare Vorgaben postulieren und das deutsche Recht mithin nicht strenger ist als das Recht des Sitzmitgliedstaats oder im fraglichen Einzelfall eine Ausnahme vorliegt und die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 der E-Commerce Richtlinie erfüllt sind bzw. werden, sodass das NetzDG-E Anwendung finden kann. Dagegen sprechen Begründung und Formulierungen des NetzDG-E, welche eine Anwendung der Normen des NetzDG-E auf Betreiber aus anderen EU-Mitgliedstaaten vorsehen und dafür keine vergleichbaren Regelungen im Sitzmitgliedstaat der ergänzende Anforderungen gemäß Art. 3 Abs. 4 der E-Commerce Richtlinie voraussetzen.  https://www.bundestag.de/blob/510384/c5bdf3939cf1a4529d2f7abf11065ee5/pe-6-032-17-pdf-data.pdf

Vgl. Anlage 11

Vor diesem Hintergrund hat im Januar 2018 selbst die EU-Justiz-Kommissarin das NetzDG kritisiert:

  • „Unser Ziel war nie, dass die Social-Media-Plattformen 100 Prozent der beanstandeten Inhalte löschen, das ist ein entscheidender Unterschied zum deutschen Gesetz“
  • „Es bedarf einer feinen Unterscheidung zwischen dem, was noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, und wirklich illegalen Inhalten, auf Basis des europäischen Rechts“
  • „In unserem System lässt das IT-Unternehmen womöglich im Zweifel ein Posting auf der Seite. In Deutschland löscht es lieber schnell, weil es sonst drakonische Strafen riskiert“
  • „Die Abschreckungswirkung des deutschen Gesetzes funktioniert, aber sie funktioniert vielleicht zu gut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir das für ganz Europa wünsche.“
  • …Facebook etwa entfernte 79,8 Prozent der beanstandeten Inhalte…
  • …YouTube 75 und Twitter 45,7 Prozent… http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/vera-jourova-und-das-netzdg-eu-justizkommissarin-zweifelt-am-deutschen-gesetz-a-1188703.html

Wenn nun Journalisten bei den EU-Behörden nachfragen, wie denn dieser Kontrollmechanismus beim NetzDG zum Einsatz kam, geschieht Folgendes:

Eine Anfrage des Wirtschaftsmagazins Wirtschaftswoche wurde mit dem Hinweis abgelehnt, daß

„die Veröffentlichung der Dokumente würde … das Klima des gegenseitigen Vertrauens zwischen dem Mitgliedsstaat und der Kommission beeinträchtigen“

http://www.wiwo.de/politik/deutschland/facebook-gesetz-eu-kommission-haelt-dokumente-zurueck-veroeffentlichung-wuerde-das-klima-des-gegenseitigen-vertrauens-beeintraechtigen/20561614.html

würde.

Diese Verweigerung wird praktiziert, trotz der „VERORDNUNG (EG) Nr. 1049/2001 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 30. Mai 2001“ über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die in Art. 1 festlegt:

Zweck dieser Verordnung ist es: a) die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG-Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend „Organe“ genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist. http://www.europarl.europa.eu/RegData/PDF/r1049_de.pdf

Die Europäische Kommission hält also trotz der offenbaren Unvereinbarkeit des NetzDG mit EU-Recht solche Dokumente zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz unter Verschluss, die die Vereinbarkeit des Gesetzes mit EU-Recht im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention sowie die europarechtlichen Vorgaben im Bereich der „Dienste der Informationsgesellschaft“ (E-Commerce-Richtlinie) überprüfen.

Doch das NetzDG ist nicht nur europarechtswidrig, sondern auch grundgesetzwidrig:

 

NetzDG grundgesetzwidrig (Art. 21 GG; Art. 1; 3 ParteienG)

Vor diesem Hintergrund ist eine Abwägung zwischen dem Recht die Reichweite strafbarer Inhalte zu reduzieren und dem Auftrag der Beklagten aus Art. 21GG und §§ 1; 3 ParteienG.

Das NetzDG hat die Aufgabe rechtswidrige Inhalte zu löschen. Dies sind gemäß §1 Abs. 3 NetzDG Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.

Festhaltenswert ist an dieser Stelle, daß das NetzDG darauf abzielt bereits „rechtswidrige Inhalte“ zu löschen. Um im Sinne des Strafrechts verurteilt zu werden, muß man sowohl den objektiven, als auch den subjektiven Tatbestand erfüllt haben. Das bedeutet, daß das Handeln rechtswidrig gewesen sein muß und zusätzlich auch gewollt oder in Kauf genommen gewesen sein muß. Erst dann erfolgt eine Verurteilung. Da nun muß die Tat nicht lediglich rechtswidrig sein muss, da also der subjektive Tatbestand irrelevant ist, wird durch das NetzDG ein Löschungsauftrag weit in das strafrechtlich Erlaubte hinein erteilt.

Durch das Löschen dieser Inhalte, die diese Strafrechtstatbestände tatsächlich erfüllen, ist es Aufgabe des NetzDG, daß genau über diese Tatbestände keine Willensbildung im Volk stattfinden, denn etwas was entfernt ist, kann nicht Gegenstand einer Willensbildung sein. Im diametralen Gegensatz weisen Art. 21 GG; § 1; 3 ParteienG der Klägerin den Auftrag zu, über alle gesellschaftlichen Vorkommnisse willensbildend auf das Volk einzuwirken. Das NetzDG reduziert daher Art. 21 GG; § 1; 3 ParteienG auf null. Auch aus diesem Grund ist das NetzDG bei Politischen Parteien nicht anwendbar, denn sonst können sie ihrem Auftrag aus Art. 1 GG nicht mehr nachkommen zu allen Vorkommnissen in der Gesellschaft willensbildend zu wirken.

Diese Reduktion von Art. 21 GG; § 1; 3 ParteienG auf null hat die Beklagte bei ihrem Facebook-Account in völlig überzogenem Maße praktisch erlebt:

Wenn schon ein simpler Smiley zu einer Löschung führt und ein Beitrag, der evident kein einziges Strafgesetz verletzt, gelöscht wird und eine Sperrung bewirkt, dann ist es das NetzDG selbst, welches hierfür als Ursache heranzuziehen ist. Das NetzDG verpflichtet die sozialen Netzwerke dazu Menschen an Löschknöpfe zu setzen und nur weil das NetzDG diese Planstellen geschaffen hat, sind diese Berufslöscher überhaupt in der Lage die Löschknöpfe zu betätigen.

Ausweislich der von der Beklagten beim Kläger durchgeführten Löschungen werden soziale Netzwerke mit Hilfe der Anwendung des NetzDG in die Lage versetzt, die sich aus §1; 3 ParteienG ergebende Pflicht politischer Parteien auf das Volk willensbildend einzuwirken, praktisch auf null zu reduzieren.

Das NetzDG schafft daher §1; 3 ParteienG theoretisch und auch praktisch mindestens in den im NetzDG definierten – praktisch aber in viel mehr – Fallgruppen ab.

Da das NetzDG §1; 3 ParteienG praktisch auf null reduziert, greift es unzulässig in Art. 21GG ein. Dies schädigt die Demokratie in Deutschland! Das NetzDG ist daher auf politische Parteien nicht anwendbar.

 

NetzDG in Konkurrenz zu Art. 5 GG

Verfassungsrechtlich geboten war also eine Abwägung zwischen dem NetzDG der Beklagten und den Art. 21; 5 GG; §1; 3 ParteienG der Klägerin.

Das mit Hilfe des NetzDG den sozialen Netzwerken durch den Bund verliehene Recht Beiträge von Nutzern sozialer Netzwerke zu löschen ist nicht vorbehaltlos gewährt. Es findet seine Schranke in den Grundrechten der Klägerin, zu welchen auch Art 5 Abs. 1 „Meinungsfreiheit“ gehört, sowie Art. 5 Abs. 1 a.E. „eine Zensur findet nicht statt“.

Meinungsfreiheit: Die Meinungsfreiheit des Art. 5 I 1, 1. Var. GG schützt in sachlicher Hinsicht die Äußerung und Verbreitung von Meinungen. Eine Meinung umfasst dabei Werturteile und Tatsachenbehauptungen jeder Art, ganz gleich auf welchen Gegenstand sie sich beziehen und welchen Inhalt sie haben. Ein Werturteil ist dabei anzunehmen, wenn die Äußerung durch Elemente der subjektiven Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, sofern die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Behauptung einer Sache der persönlichen Überzeugung bleibt. Eine Tatsachenbehauptung hingegen beschreibt wirklich geschehene oder existierende, dem Beweis zugängliche Umstände. Ausgeschlossen vom Schutzbereich sind jedoch erwiesene oder bewusst unwahre Tatsachenäußerungen ohne Bezug zu einem bestehenden Werturteil. Vom Schutzbereich umfasst, ist die Freiheit, die Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern. Darüber hinaus ist aber auch die negative Meinungsfreiheit umfasst, also das Recht, Meinungen nicht zu äußern oder zu verbreiten.

Das Bundesverfassungsgericht hat zur Meinungsfreiheit und deren Unterdrückung eine umfangreiche Rechtsprechung erarbeitet.

Die Absicht, Äußerungen mit schädlichem oder in ihrer gedanklichen Konsequenz gefährlichem Inhalt zu behindern, hebt das Prinzip der Meinungsfreiheit selbst auf und ist illegitim (vgl. schon Häntzschel, in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 29, 1932, S. 651 ff.; Rothenbücher, in: VVDStRL Heft 4 1928, S. 6 ff.). Entsprechendes gilt – unbeschadet Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 21 Abs. 2 GG – für das Anliegen, die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ansichten zu verhindern. Allein die Wertlosigkeit oder auch Gefährlichkeit von Meinungen als solche ist kein Grund, diese zu beschränken (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>). Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt nicht, die Meinungsfreiheit unter einen generellen Abwägungsvorbehalt zu stellen.

Das NetzDG findet seine Grenze in der grundgesetzlich definierten und der durch das Bundesverfassungsgericht abgegrenzten Meinungsfreiheit. Der Auftrag „rechtswidrige Inhalte“ die die Gegenstände des Katalogs aus §1 Abs. 3 NetzDG zum Gegenstand haben, zu löschen verstößt hiergegen offensichtlich.

Um sich eine Meinung bilden zu können, bedarf es Beiträge, über die man sich eine Meinung bilden kann. Wenn aber nun Beiträge gelöscht werden, dann wird der Meinungsfreiheit der Boden entzogen, da ihr die Gegenstände fehlen, über die man sich eine Meinung bilden kann. Dies gilt auch für den im NetzDG aufgelisteten Katalog an Straftaten. Das NetzDG zwingt soziale Netzwerke dazu diesen diese Straftaten aus dem Diskurs zu nehmen. Sind sie einmal aus dem Diskurs genommen, ist über diese Straftaten keine Meinungsbildung und Meinungsäußerung mehr möglich. Hierdurch aber wird Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in für alle Straftaten dieses Katalogs auf null reduziert. Eine derartige Reduktion auf null ist jedoch mit Art. 5 GG nicht vereinbar.

Im Übrigen stellt sich die Frage, wie sich dieser Katalog an Straftaten überhaupt zusammensetzt, der mit Hilfe des NetzDG in sozialen Medien jeglicher Meinungsbildung entzogen wird? Wieso sind ausgerechnet diese aufgezählten Vorschriften ausgewählt und nicht andere, wie z.B. Raub oder Untreue? Die Auswahl der im Katalog aufgeführten Straftaten wirkt rein willkürlich zusammengestellt.

Die Beklagte hat vor diesem Hintergrund zwei Löschungen und eine Sperre vorgenommen. Damit hat sie es unmöglich gemacht, daß sich über die darin ausgeführten Inhalte eine öffentliche Meinungsbildung entspinnen kann. Dabei haben diese beiden gelöschten Beiträge evident keines der Gesetze aus dem Katalog verletzt gehabt. Praktisch sieht es also so aus, daß das NetzDG bei der Klägerin dazu genutzt wurde, Beiträge zu entfernen, um über diese Beiträge eine Meinungsbildung zu verhindern.

Die theoretische und praktische Möglichkeit der Löschung der beiden Beiträge muss aber im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden (vgl. BVerfG 2, 325-329). Die Klägerin hat ihre Beiträge öffentlich zur Diskussion gestellt. Dann muss zur öffentlichen Meinungsbildung auch eine echte Diskussion möglich sein. Derjenige, der sich mit verschiedenen Stellungnahmen in die öffentliche Diskussion eingeschaltet hat, kann dann im Falle einer scharfen Stellungnahme auch mit einer scharfen Reaktion konfrontiert werden (vgl. BVerfGE 54, 129 <138>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. April 1999 – 1 BvR 2126/93 -, NJW 1999, S. 2358). Gegen die Meinung der Klägerin könnte sich im Kommentarbereich im Rahmen des Meinungskampfs seinerseits wieder jeder öffentlich äußern.

Das NetzDG und seine praktische Anwendung in diesen beiden Fällen verstoßen daher evident gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, sowie gegen §§ 1; 3 ParteienG.

 

Informationsfreiheit:  Als Verhaltensweisen schützt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 GG nicht nur die Entgegennahme von Informationen, sondern auch das aktive Beschaffen von Informationen. Hierbei ist auch das verfassungswidrige Verschließen der allgemein zugänglichen Quelle gelichzusetzen (BVerfG 2001 = NJW 2001 1633, 456).

Die Klägerin ist als Politische Partei auf gesellschaftliche Vorkommnisse angewiesen, um diese thematisieren zu können und gemäß Art. 21GG; §§ 1; 3 ParteienG meinungsbildend auf das Volk wirken zu können.

Das NetzDG greift durch Löschungen und Sperren in dieses Grundrecht der Klägerin ein. Durch die Löschungen können Dritte die gelöschten Beiträge nicht mehr kommentieren und sich mit der Klägerin nicht mehr meinungsbildend austauschen. Durch diese Löschungen ist die Informationsfreiheit durch Entzug von Kommentaren Dritter und Diskussionen zu diesem Beitrag ebenfalls auf null reduziert.

Das NetzDG ist daher auch unvereinbar mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 GG.

 

Zensurverbot: Unter Zensur versteht das GG eine Kontrolle und ggf. Unterdrückung von Meinungen vor Veröffentlichung (sog. Vorzensur). Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG ist die Vorzensur verboten. Das NetzDG und seine Anwendung sin jedoch wirkidentisch mit einer Vorzensur, denn die Betroffenen werden es in Zukunft meiden, Beiträge zu verfassen, aufgrund derer sie Probleme befürchten. Das NetzDG ist daher auch unvereinbar mit Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG.

Vor diesem Hintergrund ist eine Rechtfertigung des Eingriffs durch das NetzDG in die Rechte der Klägerin nicht gerechtfertigt.

 

(4)             Schranken-Schranke

Selbst wenn das NetzDG gerechtfertigt gewesen wäre, so muß das NetzDG auch noch verhältnismäßig sein.

(a)             Legitimer Zweck

Als legitimer Zweck wird zur Begründung u.a. angegeben: „Bereits heute müssen – wir haben das mehrfach gehört – soziale Netzwerke rechtswidrige Inhalte löschen, wenn sie Kenntnis davon erlangen. Die Diensteanbieter kommen dieser Löschpflicht zwar grundsätzlich nach, allerdings nicht in dem erforderlichen Umfang und vor allem oft viel zu spät. Dabei spielt der Faktor Zeit eine ganz entscheidende Rolle. Auch wenn rechtswidrige Inhalte relativ zeitnah gelöscht werden, haben bis dahin möglicherweise Hunderttausende Menschen die Inhalte gesehen, kopiert und weiterverbreitet. Empirische Daten belegen, dass trotz der rechtlichen Verpflichtung oft zu wenig passiert und rechtswidrige Inhalte zu lange im Netz verbleiben“ Gesetzesbegründung Hansjörg Durz, MdB, CDU/CSU, Rede, S. 23859B

Als legitimer Zweck wird auch die Absicht angegeben, die Verbreitung  so  bezeichneter „Fake News“ zu verhindern:

Nach den Erfahrungen im US-Wahlkampf hat auch in der Bundesrepublik Deutschland die Bekämpfung von strafbaren Falschnachrichten („Fake News“) in sozialen Netzwerken hohe Priorität gewonnen.

http://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/index.cfm/search/?trisaction=search.detail&year=2017&num=127&mLang=de&CFID=2665602&CFTOKEN=e657eec98ea2b052-AE96FBFC-B2FB-F82B-D08C114CC7B379C1;%20https://draftable.com/compare/wanDzGZPwbnh

Zur Überprüfung des Realitätsbezugs dieser Begründung dieses Gesetz zu verabschieden sei auf eine Nachfrage des Portals „Golem“ beim Justizministerium verwiesen:

„Sie fragte die Bundesregierung, ob ihr ein Fall von strafbaren Fake News bekannt sei. Der Hintergrund ist das schon erwähnte „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ von Bundesjustizminister Heike Maas (SPD). Die Antwort der Bundesregierung wird kaum jemanden überraschen – sie lautete „Nein“.“ https://deutsch.rt.com/inland/49471-ueberraschung-bundesregierung-gibt-zu-dass-sie-keine-einzige-strafbare-fake-news-kennt/

Auch mit der Angabe „Fake News“ zu verhindern wird daher kein legitimer Zweck verfolgt, denn es gibt dieses Problem on der Praxis schlichtweg nicht.

 

(b)            Geeignetheit

Das NetzDG ist wohl geeignet, eine Beschleunigung der Löschung zu erreichen

 

(c)             Erforderlichkeit

Auch ohne NetzDG haften soziale Netzwerke strafrechtlich und zivilrechtlich ab Kenntnis für unzulässige Inhalte als „Störer“. Damit können auf Antrag die Strafverfolgungsbehörden das selbe leisten, was das NetzDG vorgibt erreichen zu können.

Es gibt jedoch ein milderes Mittel, welches geeignet ist, den selben Erfolg zu erreichen, als ein Gesetz. In der Gesetzesbegründung wurde ausgeführt, daß nicht der Umstand problematisch sei, daß Strafbares gelöscht wird, sondern der Umstand, daß zu langsam gelöscht wird.

Für schnelle Entscheidungen hat jedoch das Rechtssystem den einstweiligen Rechtsschutz vorgesehen, der – genügend Personal vorausgesetzt – auch innerhalb eines Tages in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. So wäre es durchaus möglich eine staatliche Stelle einzurichten, die derart ausgestattet ist, daß sie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auch innerhalb von 24 Stunden tätig wird.

Vor dem Hintergrund der in der Bundestagsdebatte angeführten Begründung ist das NetzDG daher nicht erforderlich und erst recht nicht angemessen, da das NetzDG die staatliche Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes praktisch auf null reduziert.

 

(d)            Angemessenheit

Im Zusammenhang mit der Frage nach der Verhältnismäßigkeit ist außerdem festhaltenswert, daß der Entwurf eine Begrenzung auf „wirtschaftlich potente“ und für „gesellschaftlich relevante“ Anbieter beinhaltet. Die Speicherdauer (gelöschter) Inhalte wurde zu Beweiszwecken auf 10 Wochen begrenzt (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 NetzDG-E).

Unter Berücksichtigung auf diese pauschale Regelung der Reaktionszeiten im Kontrast zu

  • der flexiblen Regelung aus Art. 14 Abs. 1 lit. b) ECRL,
  • die zu erwartenden praktischen Auswirkungen auf die Meinungsäußerungsfreiheit im Internet (Stichwort „Schere im Kopf“)
  • der großen Anzahl an Löschungen aus Angst vor Bußgeldverfahren

kann man die umfangreichen Verpflichtungen und deren exzessive Eingriffstiefe in keinem Fall als angemessen ansehen können.

Außerdem ist offenbar, daß das Ministerium nicht die gebotene differenzierte Abwägung im Einzelfall vorgenommen hat, die das Unionsrecht mit diesem Ausnahmetatbestand gebietet.

Das NetzDG kommt vor diesem Hintergrund nicht als geeignete und ordnungsgemäße Rechtsgrundlage in Betracht, um in die Rechte und Pflichten der Klägerin aus § 1; 3 ParteienG eingreifen zu können:

b)                Anwendung des NetzDG?

Doch selbst wenn das NetzDG all diese Mängel nicht aufweisen würde und eine taugliche Rechtsgrundlage darstellen würde, wäre es noch immer nicht möglich, die gelöschten Beiträge unter das NetzDG zu subsumieren:

Das NetzDG definiert nämlich als zentrales Tatbestandsmerkmal „…rechtswidrige Inhalte…“ (§3 NetzDG).

Zur „Definition“, was ein „rechtswidriger Inhalt“ ist, wurde in das NetzDG ein Katalog aus Strafrechtsvorschriften aufgenommen (§1 Abs. 3 NetzDG). Tatsächlich ist das keine „Definition“, sondern lediglich ein Verweis.

Doch selbst wenn man diese Vorschriften des Strafrechts auf die Beiträge der Beklagten anwenden würde, so würde sich ergeben, daß keiner der Beiträge gegen auch nur eine dieser Vorschriften verstößt:

 

4.                 Rechtswidrigkeit der Löschung zweier Beiträge und einer Sperre von 24h:

Schon aus der Lektüre eines jeden der beiden gesperrten Beiträge ist erkennbar, daß in dem Beitrag der Klägerin, der gesperrt wurde, keine rechtswidrige Äußerung enthalten ist, die eine dieser im §1 Abs. 3 NetzDG definierten Tatbestände erfüllt:

Von diesen Beiträgen hatte ein erster Beitrag am 10.1. den Inhalt eines „Smileys“:

Von diesen Beiträgen hatte ein zweiter Beitrag am 24.1. folgenden Inhalt:

Dieser zweite Beitrag bezog sich auf das 14-Jährige Opfer eines Gewaltverbrechens. Dieses Gewaltverbrechen geschah an einer „Schule gegen Rassismus“ und ein Täter einer Ethnie hat ein Opfer einer anderen Ethnie mit gezielten Messerstichen in den Hals ermordet.

Beide Beiträge dienen nämlich lediglich der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe des Kreisverbands Altötting der AfD.

Mit dem Beitrag wurde jeweils ein Ereignis durch den Kreisverband Altötting aus dessen politischer Sicht politisch eingeordnet.

Es ist evident, daß die Vornahme einer politischen Einordnung der beiden Beiträge durch §1 ParteienG gedeckt und damit vom Gesetzgeber ausweislich §3 ParteienG sogar ausdrücklich gewollt ist.

Die Beklagte greift dennoch durch ihre Sperren und ihre Löschungen von Beiträgen der Klägerin aktiv in diese Rechte und Pflichten der Klägerin ein. Damit greift sie auch aktiv in den von der Klägerin geführten Wahlkampf in Bayern ein und greift durch diesen rechtwidrigen Eingriff und gegen den Willen der Klägerin in die demokratische Willensbildung der Bevölkerung des Landkreises ein. Damit betreibt die Beklagte durch ihre Entscheidungen Politik, ohne hierzu im Grundgesetz oder den Gesetzen eine Rechtsgrundlage zu haben.

Auch deswegen sind die erfolgte Entfernung des Beitrags und die erfolgte Sperrung für 24 Stunden rechtswidrig.

 

Verhältnismäßigkeit der Anwendung des NetzDG

Nicht nur das NetzDG selbst muß verhältnismäßig sein, es muß darüber hinaus auch noch verhältnismäßig angewandt werden.

 

Willkürliche Anwendung des NetzDG

Außerdem ist festzuhalten, daß völlig unklar ist, welches das behauptete Fehlverhalten des Klägers denn gewesen sein soll? In der Nachricht zur Ablehnung wird lediglich behauptet, daß der „Beitrag“ (als Ganzes? Oder einzelne Begriffe daraus?) nicht „den Standards“ entsprechen würde.

Anlage 5

Der gelöschte „Beitrag“ der Klägerin selbst umfasst zehn Sätze. Jeder Satz grobe zehn Begriffe. Das macht um die einhundert Begriffe, die angeblich einen der „Standards“ nicht entsprechen würden.

Möglicherweise hat Facebook versucht irgend einen oder mehrere dieser Begriffe unter einen der sieben von Facebook verbotenen „Standards“ zu subsumieren? Belegt hat Facebook dies nie. Es ist daher schon deswegen völlig unklar, ob Facebook überhaupt eine Subsumtion vorgenommen hat, oder rein willkürlich den Beitrag gelöscht hat.

Wenn man nur jeden einzelnen dieser vom Kläger theoretisch in Betracht kommenden Begriffe unter jede der von Facebook verbotenen Kategorien oder Kombinationen an Kategorien subsumieren würde, so ergäbe diese 100*7! Kombinationsmöglichkeiten.

  • 7! Sind alleine schon 5.040 Kombinationsmöglichkeiten
  • 100*7! Ergibt also 504.000 Kombinationsmöglichkeiten jeden der grob 100 Begriffe des gelöschten Beitrags unter jede durch Facebook verbotene Kategorienkombination zu subsumieren.

Ausweislich der Sperrinformation überläßt es Facebook seinen Kunden sich innerhalb dieser Auswahl diejenige selbst auszusuchen, welche konkret zur Sperrung geführt haben könnte.

Legt man das NetzDG zugrunde, so verlangt der Gesetzgeber eine präzise Subsumierung eines konkreten Tatbestands unter eine präzise definierte Vorschrift. Dieser Auflage ist Facebook schon nicht nachgekommen.

Die zur Sanktionierung führende Kombination theoretisch denkbaren Fehlverhaltens mit den theoretisch denkbaren Normen dem Kunden zu überlassen ist schon unverhältnismäßig und willkürlich.

Aus alldem ergibt sich, daß Die Löschung der beiden streitgegenständlichen Ansprüche rechtswidrig war. Da die Löschung rechtswidrig war, war auch die Sperre rechtswidrig.

 

5.         Verletzung der Rechte der Klägerin

Facebook verpflichtet sich im Rahmen des zwischen dem Kläger und Facebook geschlossenen Austauschvertrags Beiträge zu veröffentlichen, die den von Facebook definierten Grundsätzen entsprechen.

Das Löschen der beiden Beiträge war rechtswidrig (s.o.). Hierdurch hat Facebook die Rechte der Klägerin aus dem Austauschvertrag auf Veröffentlichung der Beiträge verletzt.

6.         Spruchreife

Spruchreife liegt vor, wenn die Klägerin infolge vorliegender Tatbestandsvoraussetzungen Anspruch auf Erlass der begehrten Anordnung hat. Dies ist vorliegend der Fall.

 

7.         Naturalrestitution:

Die Klägerin hat damit Anspruch, so gestellt zu werden, als ob die Verletzung seiner Rechte nicht geschehen wäre.

Hierzu gehört vorliegend auch der Umstand, daß Facebook seine Sperren progressive staffelt.

Anlage 9

Nach der Sperre von einem Tag würde als nächstes eine Sperre von drei Tagen, dann sieben Tagen folgen. Nach einigen Schritten ist man dann bei einem Monat Sperre und hiernach bei der dauerhaften Sperre.

Um diese progressive Steigerung zu durchbrechen, ist es notwendig, frühere rechtswidrige Löschungen und Sperren bei Facebook entfernen zu lassen, sobald deren Rechtswidrigkeit festgestellt war.

Daher ist auch diesem Anspruch stattzugeben.

 

IV.             Schadensersatz

Die Klägerin ist eine politische Partei. Die Beklagte greift durch rechtswidrigen Sperrungen und Löschungen von Beiträgen politischer Parteien unmittelbar in den demokratischen Willensbildungsprozess ein. Hierdurch hat das Verhalten der Beklagten das Potential die Demokratie zu schädigen. Dies gilt umso mehr, als im Bundesland der Klägerin in neun Monaten Landtagswahlen stattfinden.

Der von die Klägerin zu entrichtende Schadensersatz muß daher in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des drohenden Schadens stehen.

Darüber hinaus muß er sich an den Schadensersatzforderungen orientieren, die die Bundesregierung für den Fall vorsieht, daß Facebook nicht löscht. Dies ist schon deswegen geboten, um die Meinungsbildung bei Facebook nicht auf eine Güterabwägung zu reduzieren, die sich daran ausrichtet, wo ihr der geringere finanzielle Verlust droht.

Um die Wiederfreischaltung rechtswidriger Sperren zu beschleunigen, erscheint außerdem eine Tagessatzregelung sachgerecht und angemessen.

Vorliegend hat die Beklagte die Klägerin 24 Stunden davon abgehalten, ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, politische Willensbildung zu betreiben.

Hierdurch ist der Schaden entstanden, daß die Wähler im Einflußbereich der Klägerin 24 Stunden ohne Informationen blieben.

Außerdem ist der Schaden entstanden, daß die Klägerin für 24 Stunden von ihrer gesetzlich definierten politischen Arbeit abgeschnitten wurde und z.B. keine willensbildenden Beiträge veröffentlichen konnte und auch nicht mehr auf Kommentare Dritter auf der Seite der Klägerin reagieren konnte. Damit war sie außerdem 24 Stunden von den Kommentaren Dritter auf ihrer Seite abhängig ohne eingreifen zu können. Da von außen nicht erkennbar ist, ob die Klägerin gesperrt ist oder nicht, wurde auf diese Weise der Inhalt der Seite der Klägerin durch Kommentare Dritter in eine Richtung verzerrt, die nicht dem Willen der Klägerin entsprach.

Damit konnte die Klägerin 24 Stunden keine Einordnungen nach §1; 3 ParteienG von Kommentaren Dritter vornehmen. Dies ist ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die politische Willensbildung durch Facebook.

 

V.                Beweissicherungsverfahren (§§ 98 VwGO i.V. 484–494 ZPO)

Das NetzDG sieht vor, daß Informationen über gelöschte Inhalte nur 10 Wochen aufbewahrt werden:

„…im Falle der Entfernung den Inhalt zu Beweiszwecken sichert und zu diesem Zweck für die Dauer von zehn Wochen innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU speichert…“ §3 Abs. 2 Nr. 4 NetzDG

Damit gehen nach 10 Wochen die Informationen verloren, wer denn die beiden gelöschten Beiträge gemeldet hatte.

Da die beiden Beiträge offensichtlich keinerlei Rechtsverstöße aufweisen, liegt offenbar eine missbräuchliche Meldung vor.

Für den Fall, daß der vorliegenden Klage entsprochen würde, hat der Kreisverband Altötting nur dann die praktische Möglichkeit den Täter in Haftung zu nehmen, wenn dessen Identität nicht 10 Wochen nach der Meldung durch die Beklagte gelöscht wird.

Für die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens ist unerheblich, ob das Beweisthema erheblich ist oder ob für das Hauptsacheverfahren Erfolgsaussicht besteht.

Es muss lediglich die Gefahr bestehen, dass das Beweismittel verloren geht oder die Nutzung erschwert wird.

Der Klage wird vor diesem Hintergrund voll umfänglich stattzugeben sein. Für den Fall, daß vor Urteilsspruch die Beklagte die Löschung der Klägerin wieder aufgehoben haben sollte und/oder seine Beiträge wiederhergestellt haben sollte, wird den Hilfsanträgen stattzugeben sein.

 

Für den Vorstand des Kreisverband Altötting der AfD:


 

Anlage 1

Facebook als durch NetzDG gesetzlich definiertes Handlungsorgan

 

Anlage 2

Facebook unterwirft sich den Anforderungen des NetzDG

https://www.Facebook.com/legal/terms


 

Anlage 3

Facebook bietet „Politische Partei“ als Kategorie an


 

Anlage 4

Landgericht Hamburg nimmt Klage an

Screenshot

 

 

Anlage 5

Unbestimmter Tatvorwurf

 

 

Anlage 6

Tatbestandsmerkmale i.S. §1 Absatz 3 NetzDG

 

„Facebook entfernt sämtliche Hassbotschaften, d. h. Inhalte, die Personen aufgrund der folgenden Eigenschaften direkt angreifen:

  • Rasse,
  • Ethnizität,
  • Nationale Herkunft,
  • Religiöse Zugehörigkeit,
  • Sexuelle Orientierung,
  • Geschlecht bzw. geschlechtliche Identität oder
  • Schwere Behinderungen oder Krankheiten.“

 

Anlage 7

Sperrung


 

Anlage 8

Kommentierungsmöglichkeit ebenfalls gesperrt

 

 

Anlage 9

Progressive Sperrpolitik

 

 

 

 

Anlage 10

Stellungnahme der UN zum Netz DG