Die „Vereinigten Staaten von Europa“ im Heidelberger Programm der SPD und bei Martin Schulz (SPD)

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BERLIN – Martin Schulz fordert unter Verwies auf das Heidelberger Programm der SPD von 1925 die Bildung der „Vereinigten Staaten von Europa“.
Daß dies gemessen am Völkerrecht und gemessen am Grundgesetz hochgradig illegal ist, darauf haben wir an anderer Stelle bereits hingewiesen.
Doch diese Utopie ist nicht „nur“ ein Staatsstreich, wenn man dieses Vorhaben am Völkerrecht und am Grundgesetz misst, sondern diese Utopie ist darüber hinaus auch noch historisch verlogen! Martin Schulz führt als Begründung für seinen Vorstoß das SPD-Grundsatzprogramm von 1925 an und glaubt aus diesem „Heidelberger Programm“ die Berechtigung ableiten zu können, bis zum Jahre 2025 diese Utopie umzusetzen.
Verlogen ist dieser Ansatz von Martin Schulz, da die SPD nämlich im Jahre 1925 unter den „Vereinigten Staaten von Europa“ gerade NICHT das verstanden hat, was Martin Schulz heute darunter verstanden haben möchte!
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Die Rede des Martin Schulz

Zunächst bewegte sich seine Rhetorik dabei noch auf routinierten Bahnen: Natürlich wiederholte er das Grunddogma der „Bunten“, die unbewiesene und bloße  Behauptung:
„Der Nationalstaat habe in der globalisierten Welt viel Gestaltungsmacht verloren“,
woraus die immerselbe Schlussformel gezogen wird:
„Europa sei die einzige Chance, wie wir im Wettbewerb mit anderen großen Regionen dieser Erde mithalten können“.
Wie blödsinnig diese Behauptung ist, zeigt schon das Faktum, daß es allen EFTA-Ländern, wie z.B. der Schweiz, Norwegen und Island besser geht, als den in der EU zusammengepressten Staaten.
Dann aber Schulz er auf das Heidelberger Parteiprogramm, in dem die SPD 1925 erstmals die „Vereinigten Staaten von Europa“ gefordert hatte.
Was aber genau meinte die SPD m Jahre 1925 mit „Vereinigte Staaten von Europa“? Die Antwort lautet: Das wußte sie selbst nicht genau:
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Die „Vereinigten Staaten von Europa“ 1925 eine Modeerscheinung

Um Deutschland unter Kontrolle zu halten, ging man im Jahre 1924 dazu über, Deutschland in den Völkerbund einzugliedern. Im Zuge dieses Bestrebens war Ende 1924 der Gedanke von „Vereinigten Staaten von Europa“  weit verbreitet. Über deren Ausgestaltung wurde in den USA sogar ein Preis ausgelobt, um welchen sich nur Deutsche bewerben konnten:
1925 Buchholz, Johannes; Die vereinigten Staaten von Europa
Die „Vereinigten Staaten von Europa“ waren im Jahre 1925 also keine visionäre Erfindung der SPD, sondern vielmehr ein Akt der Opportunität gegenüber den Erwartungen der USA!
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Die Forderung nach „Vereinigten Staaten von Europa“ aus Sicht der SPD im Jahre 1925

Bei einer derartigen Vorgabe liegt es nahe anzunehmen, daß von der SPD auch keinerlei inhaltliche Ausgestaltugsvorschläge zu diesem Punkt zu erwarten sein dürften.
Ein Blick in die Literatur von 1925, die sich mit dem Heidelberger Programm beschäftigt, bestätigt diese Einschätzung! So wurde das Heidelberger Programm z.B. in den Sozialistischen Heften von 1925 „besprochen“ und auch in dieser „Besprechung“ sind lediglich allgemeine Floskeln enthalten:
Sozialistische Hefte 1925
Die ausführlichste zeitgenössische Stellungnahme zu diesem Punkt ist wohl in Heft 9 der Schriftenreihe „Demokratie und Sozialismus“ enthalten, in welchem Herrmann Müller-Franken (SPD) zu diesem Themenumfeld einen Beitrag verfaßte.

Wer ist Herrmann Müller-Franken (SPD)? Als Folge einer Nachwahl war Müller von 1916 bis 1918 Mitglied des Reichstages für den Wahlkreis Reichenbach-Neurode. Er war von 1919 bis 1928 einer der Vorsitzenden der SPD. Im Kabinett Bauer war er von 1919 bis 1920 zunächst Reichsminister des Auswärtigen, ehe er von März bis Juni 1920 kurzzeitig Reichskanzler des Deutschen Reiches wurde. Im selben Jahr übernahm Müller den Vorsitz der SPD-Reichstagsfraktion bis 1928, als er zum zweiten Mal Reichskanzler wurde.

In den Jahren 1919/1920 gehörte er der Weimarer Nationalversammlung an. Dort gehörte er dem Vorstand der Fraktion der SPD an. Im Juni 1919 wurde er gemeinsam mit Otto Wels zum Parteivorsitzenden gewählt, nachdem Ebert und Scheidemann als Reichspräsident beziehungsweise Reichsministerpräsident amtierten. Zwischen Müller und Wels kam es zu einer Aufgabenteilung. Müller war hauptsächlich zuständig für die Fraktionsarbeit und die Repräsentation nach außen.

Er war einer der profiliertesten Außenpolitiker der SPD. Zusammen mit Ebert, Scheidemann und anderen Delegierten reiste er 1917 zur Sozialistenkonferenz nach Stockholm. Die Hoffnung auf eine Annäherung an die Parteien der Kriegsgegner bewahrheitete sich nicht. Während die übrige Delegation bald wieder abreiste, blieb Müller für einige Zeit in Schweden, damit er, als Folge der schlechten Ernährung in Deutschland geschwächt, wieder zu Kräften kommen konnte.

Müller war Gegner der bürgerlichen Annexionsforderungen und plädierte für die Unabhängigkeit Belgiens nach dem Krieg. Allerdings plädierte er für die Annahme des Diktatfriedens von Brest-Litowsk. Er trat auch für den Eintritt der SPD in die Regierung von Max von Baden ein.

Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution wurde Müller zusammen mit Gustav Noske Anfang November 1918 nach Kiel entsandt, um auf die revolutionären Matrosen einzuwirken. Müller war vom 11. November bis zum 21. Dezember 1918 Mitglied des Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte Groß-Berlin, anschließend bis zur Bildung der Regierung Scheidemann Mitglied des Zentralrats der Deutschen Sozialistischen Republik. Er wurde einer von drei Vorsitzenden des Zentralrates. Als solcher setzte er sich durchaus erfolgreich für die Positionen der SPD und die baldige Wahl zu einer Nationalversammlung ein.

 Nach dem Rücktritt des Kabinetts Scheidemann im Sommer 1919 lehnte er den Wunsch Eberts ab, eine neue Regierung zu bilden. Stattdessen war Müller vom 21. Juni 1919 bis zum 26. März 1920 Reichsminister des Auswärtigen in der von Reichskanzler Gustav Bauer geführten Reichsregierung. In dieser Funktion unterzeichnete er auch zusammen mit dem Zentrumsabgeordneten Johannes Bell den Versailler Vertrag. Für Müller waren die Bedingungen kaum erträglich, ihm war aber auch klar, dass eine Unterzeichnung nach Lage der Dinge nicht zu vermeiden war. In der späteren Zeit gehörte die Revision des Vertrages zu seinen außenpolitischen Zielen.
Dieser profilierte Außenpolitiker der SPD verfaßte also eine Stellungnahme zum Heidelberger Programm. Seine zwei Grundgedanken zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ sind absolut klar. Es kann die „Vereinigten Staaten von Europa“  nur geben im Einklang mit dem
a) Selbstimmungsrecht der Völker und um
b) in Konkurrenz zu den großen Wirtschaftsnationen beim Rohstoffbezug nicht abgehängt zu werden.
Schriftenreihe Demokratie und Sozialismus Heft 9 Seite 110ff Herrmann Müller-Franken
Schriftenreihe Demokratie und Sozialismus Heft 9 Seite 110ff Herrmann Müller-Franken
Schriftenreihe Demokratie und Sozialismus Heft 9 Seite 110ff Herrmann Müller-Franken
Damit ist also völlig klar, was die SPD im Heidelberger Programm grundsätzlich NICHT wollte:  Einen Vielvölkerstaat Europa!
Damit sind auch Eckpunkte klar, was die SPD wollte, nämlich unter Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts der Völker einen Zusammenschluß der Völker Europas auf wirtschaftlicher Ebene, um sich ohne Kriege Rohstoffquellen zu sichern.
Das war alles, was zum damaligen Zeitpunkt in der SPD zum Thema „Vereinigte Staaten von Europa“ unumstößlich feststand.
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Was versteht Martin Schulz unter den „Vereinigten Staaten von Europa“?

Martin Schulz hingegen versteht unter den „Vereinigten Staaten von Europa“ ein Konstrukt, das unter Ignorierung des Selbstbestimmungsrechts der Völker zustande kommt:
Ein „Vertrag“ also den nicht die Völker als Träger ihrer eigenen Souveränität schreiben, sondern irgend ein ominöser „Konvent“ an deren Stelle, wobei klar ist, daß Herr Schulz in diesem Konvent Einfluß beansprucht. Dieser „Konvent“ soll dann die „Völker Europas einbeziehen“.
Das ist also das genaue Gegenteil von dem, was Müller-Franken (SPD) damals vorsah, für den nicht irgendwelche Konvente, sondern  die Souveränität des ganzen Volks der unumstößliche Ausgangspunkt war.
Die „Vereinigten Staaten von Europa“ der SPD von 1925 und die „Vereinigten Staaten von Europa“ haben so gut wie nichts gemeinsam. Während erstere ein auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker basierender freiwilliger Zusammenschluß zum Zweck der Sicherung der Rohstoffzufuhr nach Europa ist, ohne gegeneinander in den Gewinnungsländern der Rohstoffe Krieg führen zu müssen, und der niemanden ausgrenzen soll, ist, ist der Vorschlag von Martin Schulz das genaue Gegenteil hiervon, nämlich ein das Selbstbestimmungsrecht der Völker ignorierender Vielvölkerstaat, den ein „Konvent“ undefinierter Personen organisiert und der  all die Länder hinausschmeißt, die diesen Vorgaben nicht folgen.
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Reaktionen auf den Vorschlag von Martin Schulz

Als Kanzlerkandidat hatte der frühere EU-Parlamentspräsident Schulz noch vermieden, seinen europapolitischen Hintergrund herauszustellen. Nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl im September scheint er nun jedoch entschlossen, von dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (LREM/–) zu lernen und sich selbst als Vertreter eines entschlossen pro-europäischen Kurses zu profilieren. Doch anders als Macron stieß Schulz mit seinem Vorstoß in der Öffentlichkeit bestenfalls auf verhaltene Reaktionen;
Noch zu den freundlichsten Kommentaren gehören jene, die dem SPD-Chef bescheinigen, er habe sein Wahlkampfthema ein wenig zu spät gefunden.
Die linke, von dem früheren griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis ins Leben gerufene Bewegung Democracy in Europe Movement 2025 macht etwas süffisant darauf aufmerksam, dass sie das von Schulz genannte Zieldatum schon seit ihrer Gründung Anfang 2016 im Namen trägt.
Offene Unterstützung kommt fast nur von der Union Europäischer Föderalisten, die Schulz als Vorbild für andere Politiker bezeichnet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU/EVP) erklärt, man solle in der Europapolitik jetzt„nicht eine Zieldefinition, wie immer man das nennt“, in den Vordergrund stellen.
Franziska Brantner, Europapolitikerin der Grünen (EGP), will das Augenmerk eher auf „etwas nähere und dringend notwendige Schritte“ legen.
Fraktionschefin der Kommunisten, Sarah Wagenknecht, (Linke/EL) spricht von einer „weltfremden Idee“;
Andreas Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU (EVP), bezeichnet Schulz gar als einen „Europa-Radikalen“, der einen „Feldzug gegen Andersdenkende“ führe.
Nur eine Handvoll britischer Brexit-Befürworter nimmt den SPD-Vorsitzenden offenbar beim Wort und beglückwünscht sich selbst dazu, die EU schon jetzt zu verlassen, bevor sie 2025 zum Austritt gezwungen würden.