MÜNCHEN / BERLIN / UNTERLAUS – Am 23. August 2018 hat das Landgericht Berlin beiden Parteien die Urteilsbegründung zugesandt. Altötting-Alternativ hat dieses Urteil für eine erste Analyse vorliegen. Da sowohl Urteile, als auch die Gerichtsverhandlungen öffentlich sind, wird für die Interessierten der aktuelle Stand wie folgt noch einmal zusammengefasst und analysiert:
Worum es geht; der Sachverhalt:
Die AfD hat zum Schutz vor Unterwanderung und Infiltration inzwischen eine aufwendige Aufnahmeprozedur installiert. Hierdurch soll es Mitgliedern diverser Gruppen erschwert werden der AfD beizutreten, sobald diese Gruppe auf der AfD-Unvereinbarkeitsliste aufgeführt ist. Eine derartige Unvereinbarkeit ist für die Aufnahme von Mitgliedern in der CSU unbekannt, ebenso wie in der Bundes-SPD; Landes-SPD; Bundes-Grünen, Landes-Grünen etc. Während also die Satzung der AfD es verbietet ehemalige NSDAP-Mitglieder aufzunehmen, ist dies bei den Altparteien kein Problem.
Das ist auch der Grund, warum alle Altparteien inklusive der SPD, Kommunisten, Grünen eine signifikante Anzahl echter Nazis in ihren Reihen hatten.
Das noch lebende SPD-Mitglied Eppler meint zu seiner NSDAP-Mitgliedschaft „Dass man einem 80-Jährigen vorwirft, was er als 16-Jähriger an Dummheiten gemacht hat, das finde ich ein bisschen albern“ und ergänzt: „Ich bin nicht gegen meinen Willen auf eine Liste gekommen, sondern habe es akzeptiert. So war das damals.“ Während also z.B. die JUSOS Normalbürger als Nazis bezeichnen, hofieren sie in ihrer eigenen Partei echte Nazis.
All dies steckte im Jahre 2013, als Franz Bergmüller am 16.3. zunächst als Fördermitglied beitrat noh in den Kinderschuhen. Zum Zeitpunkt seines Antrags auf Beitritt gab es die AfD noch gar nicht. Diese wurde rechtswirksam erst am ersten Parteitag der AfD, also am 14.4.2013 gegründet, weil § 6 des Parteiengesetzes vorschreibt daß eine politische Partei eine Satzung haben muß und eine Satzung ist nur dann eine rechtswirksame Satzung, wenn diese durch den Parteitag angenommen wurde und das war eben einmal der 14.4.2013.
Am 11.4.2013, also noch vor dem Gründungsparteitag der AfD trat Franz Bergmüller bei der Partei „Freie Wähler“ per Fax aus. In diesem Zeitraum besuchte ihn der Beauftragte zum Aufbau der AfD in Bayern und fragte ihn, ob er nicht seinen Antrag auf Fördermitgliedschaft in einen Antrag auf Vollmitgliedschaft umändern wolle. Franz Bergmüller war mit diesem Vorschlag einverstanden und vertraute darauf, daß dies dann auch geschehen würde.
Tatsächlich bekam er dann auch einen Mitgliedsausweis zugesandt (was bei Förderern nicht der Fall ist) und von seinem Konto wurde der Betrag abgebucht, den Mitglieder bezahlen (Föderer bezahlen die Hälfte). Darüber hinaus hat er von nun an permanent Rechte in Anspruch genommen, die ausschließlich Mitgliedern zukommen, wie z.B. Besuche von Parteitagen, aktives und passives Wahlrecht etc.
Schon im Jahre 2013 glaubte ein innerparteilicher Konkurrent hierin einen Aufnahmefehler erkannt zu haben und informierte die Parteigremien, die jedoch nichts Beanstandenswertes finden konnten.
Am 13.1.2018, also fast fünf Jahre später wurde Franz Bergmüller dann mit über 55% der Stimmen im ersten Wahlgang zum Vorsitzenden des Bezirks Oberbayern der AfD gewählt und setzte sich hierbei gegen zwei Mitbewerber durch, von welchen einer der bis dahin amtierende Bezirksvorsitzende Florian Jäger war. Darüber hinaus tauschte die Mitgliederversammlung den gesamten Bezirksvorstand aus. Dadurch verlor auch der zuvor erwähnte Konkurrent seine Funktion als Mitglied im Bezirksvorstand.
Offenbar waren die Mitglieder im abgewählten Bezirksvorstand nicht bereit das demokratische Votum vom 13.1.2018 zu akzeptieren und der oben genannte innerparteiliche Konkurrent bot seinen „Wissen“ aus dem Jahre 2013 zum Zweck der Instrumentalisierung an und wandte sich mit weiteren Abgewählten an das für die Mitgliederverwaltung zuständige Mitglied im Bundesvorstand, das auf Basis des ihm geschilderten Vortrags und ohne Rücksprache mit Franz Bergmüller daraufhin den Mitgliedsstatus des Franz Bergmüller eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Bundesvorstand von „grün“ auf „rot“ setzte.
Als dies vollbracht war, reichten die gleichen Personen beim Schiedsgericht eine Anfechtung der Wahl vom 13.1.2018 ein und beantragten die Wiedereinsetzung des am 13.1.2018 abgewählten Bezirksvorstands.
Das Urteil
Wer ist zuständig, die Schiedsgerichte oder staatliche Gerichte?
Die Frage der Abgrenzung zwischen „Schiedsgerichten“ und staatlichen Gerichten ist oftmals Gegenstand diverser Diskussionen. Vorliegend ergibt sich die Zuständigkeit staatlicher Gerichte aus zwei Gründen:
- die Schiedsgerichte haben die Behandlung der Akte Bergmüller zeitlich verschleppt
- die Schiedsgerichte einer politischen Partei sind keine „echten Schiedsgerichte“, sondern der staatlichen Gerichtsbarkeit vorgeschaltete Streitschlichtungsinstanzen
Zuständigkeit durch Schiedsgerichtsordnung der AfD
In der Schiedsgerichtsordnung der AfD ist der Gang zu staatlichen Gerichten gerade nicht ausgeschlossen. Dort steht eben in § 2 Abs. 2 SGO:
Aus dem „zunächst“ ergibt sich glasklar, daß die Schiedsgerichtsordnung der AfD auch den Gang zu staatlichen Gerichten eröffnet
Zuständigkeit durch Rechtsschutzverwiegerung der Schiedsgerichte
Vorliegend ergibt sich die sich die Zuständigkeit staatlicher Gerichte ganz einfach schon aus dem Umstand, daß die Schiedsgerichte in der AfD in der Bearbeitung des „Eilverfahrens“ Bergmüller über knappe vier Monate Rechtsschutzverweigerung betrieben haben. Die Schiedsgerichte haben die Anträge des Franz Bergmüller einfach nicht behandelt gehabt. Das LG-Berlin weist in seinem Urteil darauf hin, daß die Zivilgerichte schon aufgrund dieser Rechtsschutzverweigerung der Schiedsgerichte der AfD zuständig sind.
Schiedsgerichte einer politischen Partei sind weder neutral, noch können ihre Richter unparteiisch sein
Die grundsätzliche Abgrenzung zwischen staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten ist durch den Bundesgerichtshof längst definiert. Basierend auf einem vom BGH aufgestellten Kriterienkatalog sind die „Schiedsgerichte“ politischer Parteien keine Ersatzgerichte für staatliche Gerichte. Das ist schon deswegen der Fall, weil Parteischiedsgerichte sich aus Parteimitgliedern rekrutieren. Hierdurch können deren „Schiedsrichter“ zwangsläufig nicht unparteiisch sein und die „Gerichte“ sind Teil des Parteibetriebs und können daher als Teil der Partei eben nicht neutral sein.
Hierzu führt der BGH im Urteil vom 29.07.2014 – II ZR 243/13 beispielhaft aus (wobei gedanklich „Verein“ durch „Partei“ ersetzt werden kann):
Durch Vereinssatzung können aber auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern einem wirklichen Schiedsgericht zugewiesen werden; dabei handelt es sich nach herrschender Meinung um ein außervertragliches Schiedsgericht, für das gemäß § 1066 ZPO die §§ 1025 ff ZPO entsprechend gelten (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Drucks. 13/5274 S. 66; BGHZ 48, 35, 43; 144, 146, 148; s. auch Senatsurteil vom 11. Oktober 1979 –III ZR 184/78 –NJW 1980, 1049; Münch aaO § 1066 Rn. 4; Zöller/Geimer aaO § 1066 Rn. 2; Thomas/Reichold aaO § 1066 Rn. 1; Albers aaO § 1066 Rn. 3 und 5; Musielak/Voit aaO § 1066 Rn. 7; Sauter/Schweyer/ Waldner, Der eingetragene Verein 17. Aufl. 2001 Rn. 316; ähnlich im Ergebnis wohl auch Stein/Jonas/Schlosser aaO § 1066 Rn. 10; abweichend z.B. Schwab/Walter aaO Kap. 32 Rn. 3 ff).
cc) In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene „Schiedsgericht“ aber nur dann als Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff (i.V.m. § 1066 ZPO) anzuerkennen, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterworfen werden (vgl. Münch aaO § 1066 Rn. 11; Stein/Jonas/Schlosser aaO vor § 1025 Rn. 5 und § 1066 Rn. 15; Musielak/Voit aaO § 1029 Rn. 19; Schwab/Walter aaO Kap. 32 Rn. 17; Schlosser, Vereinsund Verbandsgerichtsbarkeit 1972 S. 176 f; Reichert aaO Rn. 2531; Staudinger/Weick, BGB 1995 Vorbem. zu §§ 21 ff Rn. 53; MünchKommBGB/Reuter 4. Aufl. 2001 § 25 Rn. 58 a.E.; Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl. 2004 § 25 Rn. 20; Fenn in Festschrift Henckel 1985 S. 173, 187 ff). Schiedsgerichtsbarkeit ist Rechtsprechung im weiteren Sinne, bedeutet also Streitentscheidung durch einen neutralen Dritten. Dementsprechend muß das Vereinsoder Verbandsgericht, um „echtes“ Schiedsgericht zu sein, -satzungsmäßig -als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sein (vgl. BGHZ 51, 255, 258, 262 f; 88, 314, 316; Schwarz aaO § 25 Rn. 86; Palandt/Heinrichs aaO; Reichert aaO Rn. 2533). Sind hingegen in der Satzung Abhängigkeiten angelegt oder läuft das „Schiedsverfahren“ gar auf ein Richten des Vereins oder Verbands in eigener Sache hinaus, liegt schon begrifflich nicht Schiedsgerichtsbarkeit, sondern Organhandeln vor (vgl. Fenn aaO S. 188 f). Es geht nicht an, die benachteiligte Partei in einem solchen Fall auf Rechtsbehelfe zu den staatlichen Gerichten entsprechend §§ 1034 ff ZPO zu verweisen (so aber wohl Haas/Gedeon SpuRt 2000, 228, 230, 231; Ebbing NZG 1999, 754, 757). Beim Ablehnungsrecht (§§ 1036 f ZPO) ist an einzelne Schiedsrichter gedacht, die aus Gründen, die gerade in ihrer Person liegen, als befangen erscheinen (vgl. BGHZ 51, 255, 261). Die Bestellung des Schiedsrichters durch das staatliche Gericht ist ausnahmsweise zulässig, wenn insoweit eine Parteivereinbarung fehlt (§ 1035 ZPO) oder die Schiedsvereinbarung einer Partei das Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts gibt (§ 1034 ZPO); dabei wird aber naturgemäß eine Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) vorausgesetzt, die grundsätzlich auf eine Streitentscheidung durch ein unabhängiges und unparteiliches Schiedsgericht ausgerichtet ist. Ist satzungsmäßig von vornherein nicht Streitentscheidung durch ein (wirkliches) Schiedsgericht, sondern bloße Vereinsoder Verbandsgerichtsbarkeit vorgezeichnet, scheidet die Anwendung der §§ 1025ff ZPO insgesamt aus (vgl. BGHZ 128, 93, 110; Fenn aaO S. 189).
dd) Das im Streitfall zu beurteilende „Schiedsgericht des DLC e.V.“ ist nicht als Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff ZPO zu qualifizieren.
(1) Zwar ist das „Schiedsgericht“ eingerichtet, um Streitigkeiten unter Ausschluß des Rechtsweges zu den staatlichen Gerichten zu entscheiden (§ 22 Nr. 1 der Satzung). Bereits die in der Satzung an erster Stelle genannte Aufgabe des „Schiedsgerichts“, nämlich Streitigkeiten zwischen Mitgliedern von Vereinsorganen, „insbesondere über deren Zuständigkeit“ (§ 22 Nr. 1 1.1 der Satzung), zu entscheiden, spricht aber gegen ein „echtes“, rechtsprechend tätiges Schiedsgericht. Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Mitgliedern der Vereinsorgane zu erledigen, ist eine typische vereinsinterne Verwaltungsmaßnahme.
(2) Dem „Schiedsgericht“ ist durch die Satzung nicht ein allen Streitparteien gegenüber stets faires und unparteiisches Verfahren aufgegeben. Dazu heißt es nur, daß der Obmann den Fortgang des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen bestimme (§ 22 Nr. 5 Satz 1 der Satzung) und „im Einzelfall“ die Beteiligten zu hören seien bzw. ihnen Gelegenheit zur Äußerung und Stellungnahme zu geben sei (§ 22 Nr. 7 Satz 1 der Satzung).
In der Satzung ist ferner nicht niedergelegt, daß sich die Entscheidung des Schiedsgerichts an Recht und Gesetz oder -zumindest -am Grundsatz der Billigkeit (vgl. Schwab/Walter aaO Kap. 19 Rn. 14 f) auszurichten habe. Lediglich bezüglich der Kostentragungspflicht findet sich eine nähere Regelung (§ 22 Nr. 10 der Satzung).
(3) Satzungsmäßig ist nicht gewährleistet, daß das „Schiedsgericht“ bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied (§ 22 Nr. 1 1.2 der Satzung) -wie sie hier vorliegt -den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht. Zwar ist die Mitgliedschaft im Vorstand des Antragsgegners mit der Mitgliedschaft im „Schiedsgericht“ unvereinbar (§ 22 Nr. 3 der Satzung). Die Streitbeteiligten können aber nicht, was die Überparteilichkeit des „Schiedsgerichts“ sicherte, paritätisch Einfluß auf dessen Besetzung nehmen (vgl. BGHZ 128, 93, 109; OLG Frankfurt a.M. NJW 1970, 2250, 2251; Hilpert BayVBl. 1988, 161, 169). Vielmehr geht die Bestellung -ebenso wie die nach § 17 Nr. 1.06 der Satzung mögliche Amtsenthebung -des (durchweg aus Vereinsmitgliedern bestehenden) „Schiedsgerichts“ einseitig von dem „beklagten“ Verein aus. Die Mitglieder des „Schiedsgerichts“ -ein Obmann, zwei Beisitzer und zwei stellvertretende Beisitzer -werden von der allein für den Antragsgegner handelnden Mitgliederversammlung auf die Dauer von drei Jahren gewählt. Zugleich wird bestimmt, welcher von den Beisitzern den Obmann zu vertreten hat (§ 17 Nr. 1.06, § 22 Nr. 2 Satz 1 und 2 der Satzung). Das einzelne Vereinsmitglied, hier die Antragstellerin, hat demnach bei einer Streitigkeit mit dem Verein keine rechtlich gesicherte Möglichkeit, in gleichem Umfang wie dieser an der Zusammensetzung des „Schiedsgerichts“ mitzuwirken. Das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung bietet insoweit keinen gleichwertigen Ersatz.
(4) Die Entscheidung des „Schiedsgerichts“ war nicht, wie es bei den im Verfahren nach §§ 1025 ff ZPO ergangenen Schiedssprüchen der Fall ist (vgl. §§ 1060, 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO), zur Vollstreckung durch staatliche Instanzen bestimmt (vgl. BGHZ 128, 93, 109). Insoweit greift vielmehr eine vereinsinterne Regelung Platz: Die Vollziehung der Entscheidungen des Schiedsgerichts obliegt gemäß § 22 Nr. 11 der Satzung dem Vorstand; Mitglieder, die sich einer nicht auf Ausschluß erkennenden Entscheidung nicht fügen bzw. eine ihnen unter Fristsetzung durch eingeschriebenen Brief auferlegte Verpflichtung nicht befolgen, werden von der Mitgliederliste gestrichen (§ 22 Nr. 12 der Satzung).
In der Gesamtschau ergibt sich mithin, daß das „Schiedsgericht des DLC e.V.“ nicht als Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff ZPO anzusehen ist, sondern -wovon im Zweifel auszugehen ist (vgl. Münch aaO § 1066 Rn. 11) einfache Vereinsoder Verbandsgerichtsbarkeit vorliegt. Das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO ist nicht eröffnet. Schlick Wurm Dörr Galke Herrmann
Damit ist klar: Die Ergebnisse der Schiedsgerichte einer politischen Partei sind durch staatliche Gerichte überprüfbar.
Der Beitritt in einen Verein / eine Partei erfolgt mit Hilfe eines Vertrags
Der Beitrittsvertrag folgt den selben Grundsätzen, wie jeder andere Vertragsabschluss auch
Im Grunde sollte einem schon der gesunde Menschenverstand sagen, daß man jemanden, der über fünf Jahre als vollwertiges Mitglied behandelt hatte, nicht einfach zu einem Nicht-Mitglied machen kann, und das auch noch, ohne ihn über die Vorhaltungen im Vorfeld zu befragen.
Genau so sah es auch das Landgericht Berlin in seinem Urteil und legte diesem diverse Entscheidungen des Bundesgerichtshof (BGH) zugrunde:
So hatte der BGH bereits vielfach entschieden, daß die Mitgliedschaft in einem Verein und damit auch in einer politischen Parte nichts Anders ist, als ein Vertrag. Damit stellt der Beitritt eines Mitglieds zum Verein / zur Partei rechtlich nichts Anderes dar, als die Eingehung eines Vertrages (Urt. v. 29.06.1987, Az. II ZR 295/86; Urt. v. 29.06.1987, Az. II ZR 295/86; Urt. v. 18.09.1958, Az. II ZR 332/56).
Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer neueren Entscheidung (Urt. v. 29.07.2014, Az. II ZR 243/13) erneut noch einmal hervorgehoben und bei dieser Gelegenheit noch einmal auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen. Auch Altötting-Alternativ hatte in den letzten Beiträgen zu diesem Thema bereits darauf verwiesen, daß der BGH zum Beitritt in einen Verein und damit auch zum Beitritt in eine politische Partei folgenden Grundsatz definiert hat: Für das Zustandekommen der Mitgliedschaft genügt es, dass die Beklagte durch Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten eines Verbandsmitglieds ihren Willen, Mitglied sein zu wollen, eindeutig und nachhaltig bekundet hat und von Seiten des Klägers stets als Mitglied behandelt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306, 313; OLG Hamm, NZG 2011, 35, 36; Schöpflin, ZStV 2011, 25, 26).
Wie durch uns vorausgesagt finden wir genau dieses Argumentationsmuster des BGH im vorliegenden Urteil des LG-Berlin wieder: Privatrechtliche Verträge werden geschlossen, indem jemand einem Anderen den Abschluss eines Vertrages über einen definierten Inhalt (z.B. die Parteisatzung) anträgt und der andere dieses Angebot annimmt (§§ 145 ff. BGB). Solche Verträge können – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist – auch stillschweigend oder durch schlüssiges Handeln (konkludent) geschlossen werden.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung ist der Beitrittswillige aber eben gerade noch kein Parteimitglied, weswegen die Satzung auf den Beitrittswilligen eben auch noch keine Anwendung finden kann. Daher findet die Satzung während dieses Eingehens eines Vertrags ausschließlich auf der Seite des Vereins / der Partei Anwendung, nicht aber beim Beitretenden.
Der Vertrag selbst kommt daher auch nach rein zivilrechtlichen Kriterien zustande, weswegen dann Zivilgerichte auch berufen sind über sein Zustandekommen zu urteilen.
Zivilrechtlichen Kriterien beim Zustandekommen eines Vertrags sind aber, daß die zum eingehen eines Betrags notwendige Willenserklärung grundsätzlich auf jedem erdenklichen Weg abgegeben werden kann, also mündlich, schriftlich, durch schlüssiges Verhalten etc. Genau dies ist daher auch auf das Zustandekommen eines Vertrags in einer politischen Partei anzuwenden.
Im Fall, daß dennoch Uneinigkeit darüber besteht, ob mit Hilfe der Abgabe zweier Willenserklärungen ein Vertrag abgeschlossen wurde, kann daher ein Blick darauf, ob die Inhalte des Vertrags durch beide Seiten gelebt werden, klärend wirken und weiterhelfen.
Werden also z.B. auf einem dieser Wege durch den Bewerber Verhaltensweisen gelebt die nur Mitglieder der Partei leben, so ist auch dies als Willenserklärung zu verstehen, dem Verein / der Partei beitreten zu wollen.
Auf der anderen Seite des Vereins / der Partei gilt das gleiche. Wenn die Vereinsorgane den Bewerber als Mitglied behandeln ist daraus der Wille ablesbar, daß der Verein den Bewerber als Mitglied haben möchte.
Stimmen die Inhalte beider Verhaltensweisen überein, werden also durch beide Seiten die Regeln einer Vollmitgliedschaft eingehalten, so ist auf diesem Weg ein Vertrag über die Vollmitgliedschaft in der Partei zustande gekommen.
So lassen nach Ansicht des BGH zum Beispiel die Zahlung des Mitgliedsbeitrags sowie die fortlaufende und umfangreiche Inanspruchnahme der Leistungen des Vereins durch den Bewerber keinen Zweifel daran zu, dass ein Bewerber Mitglied des Vereins sein will. Im Gegenzug gibt der Verein zu erklären, dass er mit dem Bewerber einen Mitgliedschaftsvertrag schließen will, wenn die Vereinsorgane den Bewerber als Mitglied behandeln. Für das Zustandekommen der Mitgliedschaft genügt es damit, dass der Bewerber durch Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten eines Mitglieds seinen Willen, Mitglied sein zu wollen, eindeutig und nachhaltig bekundet hat und von Seiten des Vereins stets als Mitglied behandelt worden ist (unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 24.10.1988, Az. II ZR 311/87). Auf die Beachtung der in der Vereinssatzung enthaltenen Aufnahmevoraussetzungen oder des in der Satzung vorgegebenen Verfahrens kommt es grundsätzlich nicht an.
Bestehen dennoch Zweifel darüber, ob ein Vertrag zustande gekommen ist und sind die Beweismittel strittig, oder nicht vorhanden, dann hilft ein Blick darauf weiter, wie dieser „Vertrag“ durch beide Seiten gelebt wird. Als derartige „gelebte Inhalte des Vertrags“ hebt der BGH insbesondere die Zahlung des Mitgliedsbeitrags sowie die fortlaufende und umfangreiche Inanspruchnahme der Leistungen des Vereins / der Partei hervor.
Für das Zustandekommen der Mitgliedschaft in einem Verein / einer Partei genügt es daher grundsätzlich, dass der Bewerber durch Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten eines Mitglieds seinen Willen, Mitglied sein zu wollen, eindeutig und nachhaltig bekundet hat und von Seiten des Vereins stets als Mitglied behandelt worden ist (BGH, Urt. v. 24.10.1988, Az. II ZR 311/87).
Und genau so, wie dies der BGH vorgegeben hat, findet es sich auch im Urteil des Landgerichts Berlin wieder.
Weil also die Satzung beim Beitritt auf den Bewerber gar nicht anwendbar ist und weil die Satzung nur auf den Verein / die Partei anwendbar ist, können Fehler der Partei dem Aufnahmewilligen grundsätzlich nicht in die Schuhe geschoben werden. Hierzu würde auch der Fehler gehören, daß die Mitgliederverwaltung einen Mitgliedsausweis „aus Versehen“ ausstellen würde, wie es der Rechtsvertreter der AfD behauptet hatte.
Da eben der Bewerber zum Zeitpunkt der Aufnahme noch kein Mitglied ist und deswegen die Satzung für ihn schon deswegen noch nicht gilt und weil eben die Satzung während des Beitritts für die Partei (schon) gilt, ist es ausschließlich Aufgabe der Partei dafür Sorge zu tragen, daß die in der Satzung definierten Voraussetzungen für den Beitritt eingehalten werden und nicht Aufgabe des Beitretenden. Satzungsverstöße, die beim Beitritt auftreten können aus diesem Grund dem gutgläubigen Beitrittswilligen gerade nicht zur Last gelegt werden. Aus diesem Grund verbietet es sich auch diese Rechtsfrage ob ein Beitrittsvertrag zustande gekommen ist, „inzident“ durch das Schiedsgericht prüfen zu lassen, denn das Schiedsgericht ist nur für Interna der Partei zuständig und die Willenserklärung eines Externen ist eben kein „Internum“ der Partei.
Aus diesem Grund sind die von dem Rechtsvertreter des Bundesvorstands vorgetragenen Verweise wie z.B. auf das „Versehen beim Erstellen und Zusenden des Mitgliedsausweises“ völlig irrelevant.
Damit ist der Fall eigentlich gelöst. Die Lösung lautet: Es ist grundsätzlich unerheblich, was in der Satzung steht, denn grundsätzlich kann ein Vertrag zum Beitritt in eine Partei genau so geschlossen werden, wie ein jeder andere Vertrag auch, also auch durch schlüssiges Verhalten (also konkludent).
Die Gegenargumente der Beklagtenseite sind unbeachtlich
Ein Standardargument der Beklagten war, daß man nur „auf Basis der Satzung und nicht mit Tricksereien“ Mitglied werden könne. Hierzu ist zunächst festzuhalten, daß die erste Satzung erst am 14.4.2013 verabschiedet wurde, dieser Vorgang des Beitritts aber unstreitig vor dem 14.4.2018 lag. Schon deswegen muß dieses Argument mehr als befremdlich, ja selbst als „Trickserei“ wirken, denn die Beklagte argumentiert mit einer Satzung, die zum Zeitpunkt des Ereignisses noch gar nicht in Kraft war.
Selbst wenn es eine gültige Satzung gegeben hätte, kann man mit ihrer Hilfe einen konkludenten Beitritt zwar schon ausschließen, aber eben nur dadurch, daß man dies in die Satzung völlig unzweideutig hineinschreibt. Das aber war vorliegend in der Satzung der AfD vom 14.4.2013 nicht der Fall. Auch in diesem Punkt legt das LG-Berlin wieder die Rechtsprechung des BGH zugrunde, der im Urteil vom 29.07.2014 – II ZR 243/13 festhielt: Ein schlüssiger Beitritt ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Auslegung der Satzung ergibt, dass die Einhaltung bestimmter, in der Satzung vorgeschriebener Verfahrensweisen Wirksamkeitsvoraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft ist oder die Vertretungsmacht des Vorstands für die Aufnahme neuer Mitglieder durch die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen beschränkt wird.… Für eine solche Beschränkung der Vertretungsmacht genügt aber nicht schon, dass in der Satzung eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung getroffen wird. Aus der Satzungsbestimmung muss sich vielmehr klar und eindeutig entnehmen lassen, dass damit zugleich der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands beschränkt werden soll. Ist dies nicht der Fall, so hat im Interesse des Rechtsverkehrs die einschränkende Satzungsbestimmung nur vereinsinterne Bedeutung und beschränkt sich auf das vereinsrechtliche Innenverhältnis (BGH, Urteil vom 28. April 1980 – II ZR 193/79, NJW 1980, 2799, 2800; Urteil vom 22. April 1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; BayObLG, NJW-RR 2000, 41; Münch-KommBGB/Reuter, 6. Aufl., § 26 Rn. 14).
- Als erstes Argument trug die Beklagte vor, daß Franz Bergmüller Mitglied in einer anderen Partei sei. Diesbezüglich erkannte das Gericht vollkommen korrekt, daß dieses Argument der Beklagtenseite falsch ist, denn Franz Bergmüller trat am 11.4.2013 aus der Partei der freien Wähler aus, also zu einem Zeitpunkt, bevor die AfD überhaupt rechtswirksam gegründet war.
- Als zweites Argument trug die Beklagte vor, daß Franz Bergmüller schriftlich hätte seinen Antrag auf Vollmitgliedschaft stellen müssen. Hierzu gilt, daß Verträge grundsätzlich formfrei sind. Für alle eigentlich nicht schriftformbedürftigen Rechtsgeschäfte sieht das Gesetz noch die freiwillig vereinbarte („gewillkürte“) Schriftform vor (§ 127 BGB). Bei der gewillkürten Schriftform gelten nach § 127 Abs. 2 BGB geringere Anforderungen. Es genügt dann, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung, also zum Beispiel durch Telefax oder E-Mail.
Auch hierzu griff das LG-Berlin wieder auf die Rechtsprechung des BGH zurück:
Zweck des §127BGB ist also nicht, daß durch ihn Rechte begründet begründet werden, sondern Zweck des §127BGB ist, daß mit seiner Hilfe Vorgänge, wie z.B. das Zustandekommen von Verträgen, bewiesen werden kann.
Schon in der Anwendung des §127BGB irrt die Beklagtenseite also, wenn sie behauptet, daß bei Nichterfüllung der Vorschrift „Der Aufnahmeantrag kann schriftlich oder per elektronischem Formular gestellt werden“ kein Vertrag zustande käme.
Richtig ist vielmehr daß bei Ignorierung des §127BGB beide Seiten lediglich ein Beweisproblem haben könnten, ob der von ihnen geschossene Vertrag überhaupt zustande kam. Ob also eine in der Satzung definierte Schriftlichkeit den Zweck einer Beweiserleichterung haben soll, oder den Zweck haben soll, daß durch die Schriftlichkeit erst Rechte begründet werden, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei der Grundsatz gilt, daß §127BGB der Beweiserleichterung dient. Soll er einen anderen Zweck dienen, muß dies in der Satzung glasklar definiert sen.
Genau diese Auslegung des § 2 der Satzung von 2013 nahm das Gericht vor und erkannte aus der Bestimmung des §2 Absatz 2 der Satzung von 2013 „Der Aufnahmeantrag kann schriftlich oder per elektronischem Formular gestellt werden.„, daß diese Vorschrift der Beweiserleichterung dient. Aus der Formulierung „kann schriftlich“ ist nicht klar und unzweideutig zu entnehmen, daß bei Verletzung dieses „kann schriftlich“ kein Vertrag zustande kommen soll.
Vorliegend war der Gesetzeszweck des §127BGB aber durch das Handeln beider Seiten auch erfüllt. Er war erfüllt, weil auch die Abbuchung vom Konto des Franz Bergmüller und die Übersendung von Mails natürlich auch eine Art Schriftform sind und diese haben ja unstreitig stattgefunden. Ein Beweis über das Zustandekommen des Vertrags ist vorliegend außerdem auch durch die Abbuchungen und durch die Übersendung des Mitgliedsausweises gegeben. Damit hatten beide Parteien einen Bewies über das Zustandekommen ihres Vertrags. Der Gesetzeszweck von §127BGB ist damit erfüllt.
Sofern ein Verein & eine Partei also Satzungsregelungen zur Aufnahme von Neumitgliedern als zwingend zu beachtende Wirkamskeitsvoraussetzung verstanden wissen will, muss er/sie die entsprechenden Regelungen klar und eindeutig dementsprechend formulieren. Alternativ dazu kann man natürlich auch einfach darauf achten, einen Bewerber erst dann wie ein Mitglied zu behandeln, wenn es auch im vorgesehenen Verfahren aufgenommen worden ist. Letztendlich ist das LG-Berlin in jedem Punkt der Argumentation des BGH und des Franz Bergmüller gefolgt und nicht den Argumenten der Gegenseite.