Kann die Türkei die Todesstrafe wieder einführen, ohne hierbei EU-Recht zu verletzten?

By Mehdi Hasan Khan (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Wieso die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei gemessen am EU-Recht möglich wäre und warum Angela Merkel in dieser Frage pure Heuchelei betreibt:

Frau Merkel gefällt sich gegenwärtig darin kund zu tun, daß die Einführung der Todesstrafe in der Türkei eine „Rote Linie“ darstelle. Wörtlich sonderte sie vor dem Kölner Stadt-Anzeiger ab: „Die Wiedereinführung der Todesstrafe würde allerdings den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei „die Grundlage entziehen„“. http://www.presseportal.de/pm/66749/3626039

Richtig ist, daß das Grundgesetz in Art. 102 glasklar vorschreibt: „Die Todesstrafe ist abgeschaffthttps://dejure.org/gesetze/GG/102.html

Richtig ist aber auch, daß die deutsche Regierung die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert hat. In dieser ist in Artikel 2 die Todesstrafe bei diversen Delikten eindeutig vorgesehen:

„Art. 2 Recht auf Leben
(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden, außer durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist.
(2) Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.“ https://dejure.org/gesetze/MRK/2.html

Richtig ist auch, daß – statt diesen Unfug aufzuheben -, die Mitgliedsstaaten im Jahre 1983 diese Anwendung der Todesstrafe lediglich eingeschränkt hatten https://www.menschenrechtskonvention.eu/protokoll-nr-6-emr…/

Richtig ist weiterhin, daß – statt diesen Unfug komplett aufzuheben -, die Mitgliedsstaaten am 3. Mai 2002 mit Deutschland unter Helmut Kohl in schwammigen Worten nur die Absicht erklären, die Anwendung der Todesstrafe gänzlich abzuschaffen, wobei jeder Staat selbst Gebiete definieren kann, in welchen diese Abschaffung nicht gilt (Artikel 4)
https://www.menschenrechtskonvention.eu/protokoll-nr-13-ue…/

Welche Staaten diese Urkunde nicht unterzeichnet haben, ist aus der Ratifikationsliste erkennbar: http://www.coe.int/…/f…/-/conventions/treaty/187/signatures…

Die Türkei müßte also lediglich ihre Unterzeichnung von 2002 oder 1983 zurückziehen und schon wäre die Todesstrafe in der Türkei mit „EU-Recht“ vereinbar-

Es gäbe aber noch eine weitere Option für die Türkei: Gemäß „EU-Recht“ kann jeder Staat Territorien definieren, in welchen in welchen die Abschaffung der Todesstrafe nicht gilt. Auch diese Territorien sind aus der Ratifikationsurkunde ersichtlich: http://www.coe.int/…/full-list/-/c…/treaty/187/declarations…

Richtig ist also auch, daß es nach „Europäischem Recht“ möglich ist, von der Nichtumsetzung der Todesstrafe territoriale Ausnahmen zu erlauben. Wenn die Türkei sich also auf dieses Ausnahmerecht berufen würde, stünde die Todesstrafe in der Türkei sogar im Einklang mit der „europäischen Rechtsordnung“ und der Europäischen „Menschenrechtskonvention“.

Die Türkei hat also zwei Möglichkeiten im Einklang mit „EU-Recht“ die Todesstrafe wieder einzuführen:

a) sie zieht ihre Unterschrift aus der Zusatzerklärung Nr. 6 bzw. 13 zurück

b) sie definiert Ausnahmeterritorien gemäß der Zusatzerklärung Nr. 13

Die Behauptung Angela Merkels, die Einführung der Todesstrafe in der Türkei sei eine „rote Linie“ ist also nichts als pure Heuchelei.

Die Wahrheit ist erstens, daß die von der CDU und SPD unterzeichneten Verträge die Todesstrafe in Europa, im Gegensatz zum Verbot der Todesstrafe im Grundgesetz nicht komplett ausschließt und daß sich die Türkei hierauf natürlich jederzeit berufen könnte.

Die Wahrheit ist zweitens, daß das EU-Recht einen geringeren Schutz für die Bevölkerung vorsieht, als das nationale Recht und daß CDU und SPD zu feige sind, dies ihren Bürgern zu kommunizieren, da dies die Politik der CDU und SPD stört weiterhin Rechte von der nationalen Ebene auf die EU-Ebene zu verlagern.

Da die Altparteien die Bundesrepublik Deutschland als Staat weitgehend abschaffen und in einem Vielvölkerstaat Europa auflösen wollen, wird hierdurch natürlich auch die in Art. 102GG definierte bedingungslose Ablehnung der Todesstrafe über Art. 2 MRK aufgeweicht.

Durch ihre Ablehnung dieser Auflösung der Bundesrepublik Deutschland als Staat in einem Vielvölkerstaat Europa, ist die AfD die einzige demokratische Partei, die sich durch praktisches Handeln für die Beibehaltung des im Art. 102GG definierten bedingungslosen Verbots der Todesstrafe einsetzt.

(Anm: Prof. Schachtschneider bezieht sich in diesem Beitrag auf eine nicht mehr gültige Variante des Lissabon-Vertrags; seine Kritik ist jedoch im Grundsatz weiterhin richtig)